unterm strich:
Soll der Preußenadler oder das Coventry-Kreuz auf die Turmspitze? Darauf lässt sich die aktuelle Episode im notorischen Dauerstreit über den geplanten Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche zuspitzen. Während die evangelische Kirche in dem Gebäude ein Versöhnungszentrum einrichten will, beharren die Geldgeber von der Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e. V. auf der Wiederherstellung in historischer Gestalt, einschließlich der Wetterfahne mit dem Preußenadler.
Der Verein hat seit 1990 ca. 5,3 Millionen Euro an Spenden gesammelt. Die Kosten für die Wiedererrichtung werden auf 10 Millionen Euro geschätzt. Selbstbewusst meint der Vorsitzende des Traditionsvereins, Max Klaar, es sei für sie klar, dass sie auf einigen Essentials bestünden, wenn ihre Spenden angenommen würden. Dazu gehöre, dass die dem Traditionsverein nahe stehende „Stiftung Preußisches Kulturerbe“ Eigentümerin des Gebäudes werde. Ferner dürfe es in der Kirche keine politischen Veranstaltungen geben.
Das im vergangenen Jahr vorgelegte Konzept der Kirche sieht vor, im 88 Meter hohen Turm der Garnisonkirche ein internationales Versöhnungszentrum einzurichten. Dabei wird eine enge Kooperation mit dem Versöhnungszentrum der Kathedrale im britischen Coventry angestrebt. Coventry war im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Luftwaffe zerstört worden. Die Garnisonkirche mit ihrer „zweideutigen Geschichte“ sei als Lernort für Frieden und Verständigung besonders geeignet, heißt es in dem Papier.
Tatsächlich war der 21. März 1933 der Schicksalstag der 1731 vom „Soldatenkönig“ errichteten und 1968 auf Befehl des SED-Chefs Walter Ulbricht gesprengten barocken Sakralbaus. An diesem Tag, der als „Tag von Potsdam“ in die Geschichte einging, hielt Adolf Hitler dort seine Rede zur Eröffnung des deutschen Reichstages. Der Händedruck Hitlers und des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg wurde als Schulterschluss der Nationalsozialisten mit den konservativen Kräften Deutschlands verstanden.
Das Stadtparlament befasst sich am 23. Januar mit dem Aufbaukonzept der Kirche. Eine Zustimmung für das Konzept mit dem weltweit bekannten Nagelkreuz von Coventry als Friedenssymbol gilt als sicher. Angesichts der Zuspitzung der Debatte sah sich Brandenburgs CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm als Schirmherr des Wiederaufbaus zur Intervention veranlasst. „Das Projekt hat nationale Bedeutung mit internationaler Wirkung. Wir sind zum Erfolg verpflichtet“, mahnte er zur Einigung.
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