unterm strich:
Erinnern Sie sich noch – damals, als wir täglich neue Nachrichten zum Stand der Debatte um Martin Walser und sein Buch „Tod eines Kritikers“ zu vermelden hatten? Das waren schöne Tage, an die wir nun mit einem kurzen Hinweis anschließen möchte. In der 3sat-Sendung „Literatur im Foyer“ werden am kommenden Sonntagmorgen um 10 Uhr die Kritiker Robert Schindel, Hajo Steiner und Arno Widmann mit dem Germanistikprofessor Dieter Borchmeyer und Martin Walser selbst versuchen, „den Roman hinter dem Skandal zu entdecken“. Offenbar ist nun die Zeit gekommen, den „literarischen Wert“ von Martin Walser Buch „abzuwägen“ – und auch noch mal in aller Ruhe darüber zu reden, ob „Tod eines Kritiker“ antisemitisch ist oder nicht. Wir können die Diskussion vor Spannung kaum erwarten.
Gestern meldete die FAZ, dass die Jury des Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs sich offenbar „in Auflösung“ befinde: Denis Scheck, Literaturredakteur beim Deutschlandradio, und der Schweizer Kritiker Thomas Widmer wollen im nächsten Jahr beim Nachwuchswettberb nicht mehr als Juroren zur Verfügung stehen. Die Schriftstellerin Birgit Vanderbeke hatte bereits vor einiger Zeit ihre Entscheidung mitgeteilt, sich aus der Jury zurückzuziehen – und auch Burkhard Spinnen wäre am liebsten wohl nicht mehr dabei. Die Jury war in den letzten Jahren immer stärker in die Kritik geraten – obwohl ihre Debatten, wie man wohl feststellen muss, insgesamt einen höheren Unterhaltswert hatten als die beim Wettbewerb eingereichten Texte.
Thomas Ostermeier hat sich zum 40. Geburtstag der Schaubühne (taz, 20. September 2002) optimistisch über die Zukunft der Bühne geäußert. Im Jahr 2000 hatte Thomas Ostermeier mit der Choreografin Sasha Waltz die künstlerische Leitung übernommen: „Ich empfinde diese zweieinhalb Jahre als Erfolg.“ Eine spürbare Last sei jedoch das vom Schaubühnenteam zum Start Anfang 2000 veröffentlichte Manifest, in dem sich die Theatermacher zu politischem, zeitgenössischem Theater verpflichteten. „Es ist eine Bürde, weil man in jeder Produktion an diesem Anspruch gemessen wird“, sagt Ostermeier. „Heute würde ich so ein Manifest nicht mehr veröffentlichen.“ Mit Kritik geht Ostermeier inzwischen gelassen um. „ ‚Goldene Zeiten‘ zum Beispiel war eine Inszenierung, mit der ich sehr zufrieden war“, sagt Ostermeier zu seiner jüngsten Berliner Premiere, die von vielen Kritikern verrissen wurde. „Schwierig wird es erst, wenn ich selbst nicht mehr weiß, was ich will“, meint der Regisseur. Geht es uns nicht allen so? Verdammt authentisch …
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