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unter hinrennern (3): mit adorf und schröder in der pubertät von MICHAEL RINGEL

„Mönsch“, öhte Mario Adorf durch die leere Hotelhalle und eierte zur Rezeption. Ich stand beim Nachtportier, einem alten Bekannten, war aber nicht gemeint und wurde auch nicht weiter beachtet. „Mönsch“, kam Adorf sofort zur Sache: „Besorg mir mal ’ne 17-Jährige. Aber mit solchen Dingern.“ Adorf ließ die haarigen Schaufeln circa einen Meter vor seinem Brustkorb Hohlräume formen. „Wohl heute noch?“, mokierte sich der Portier. Nein, er könne ihm keine 17-Jährige besorgen, schon gar nicht mit „solchen Dingern“. Kühl wehrte er das Geld ab, mit dem „Generaldirektor Haffenloher“ ihn „zuscheißen“ wollte. „Mönsch“, protestierte Adorf nur kurz und trollte sich dann dennoch zufrieden Richtung Bett. Sich endlich mal richtig daneben benehmen, das hatte er seit seinem siebzehnten Lebensjahr geplant. Mit dem nächtlichen Auftritt war für den sympathischen Zwerg ein Pubertätstraum wahr geworden.

Einen Pubertätstraum verwirklicht hat sich auch ein anderer Zwerg: Gerhard Schröder.

Inmitten des Sommerfestes ist eine Art Laufsteg angelegt, über den die „Tagesschau“-bekannten Hinrenner entlangwandeln und sich gegenseitig begrüßen. Am Wegesrand warten die Schränke mit Knopf im Ohr. Paarweise betrachten sie gelangweilt ihre Schützlinge. Etwas abseits habe ich mir eine leere Ecke gesucht. Von hier aus ist das Geschehen am besten zu übersehen und der Tresen nahe. Wie es sich für ein Sozi-Fest gehört, tönt zwischen den leeren Hallen des ehemaligen Industriebaus die SPD-Nationalmusik Dixieland, die später von brasilianischem Seichtsamba abgelöst wird.

Als Gerhard Schröder eintrifft, erkennt er sofort, dass er in der Masse auf dem Laufsteg untergehen wird. Mit seiner Entourage postiert er sich in der leeren Ecke am Nebentisch. Ich sehe in die Augen einer Leibwächterin.

Um Schröder gruppiert sind sechs Wachkräfte. Am Revers tragen sie einen Pin mit goldenem Bundesadler auf grünem Grund, der sie durch jede Sicherheitskontrolle bringt. Den inneren Ring bilden drei BKA-Beamte: der Gruppenführer, der für die Übersicht verantwortlich ist, und zwei hübsche, blonde Flintendamen, die sich immer eng an Schröder drängen – für die weiblichen Wähler und die männlichen „Tagesschau“-Gucker. Den zweiten Ring bilden drei Berliner Knopfträger, die deutlich schlechter ausgestattet sind als die mit „Bekleidungszulage“ versehenen BKA-Kräfte.

Der unruhig pendelnde Blick einer Bewacherin trifft mich. Aber wieso bin ich auf Augenhöhe, wenn ich sitze? Dabei trägt sie sogar hohe Absätze. Und nicht nur sie, auch ihre männlichen Kollegen. Es sind Winzlinge auf Stelzen. Ich sehe zu Schröder hinüber. Er ist der Zwerg im Zentrum. Und er hat sich seine Leibwächter nach der Größe ausgesucht, niemand darf ihn überragen. Als ich in die Tasche greife, um Zigaretten herauszuziehen, schießen sechs Augenpaare in meine Richtung. Schröders Blick folgt der Bewegung, und er grinst. Es ist das Glücksgefühl eines wichtigen 17-Jährigen. Übrigens wird Mario Adorf heute 70 Jahre alt. Das nur am Rande.

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