umfragen: Glaube keiner Statistik . . .
Wenn die Tage am kürzesten sind und die Geschenke am größten, beginnt die schreckliche Zeit für Journalisten. Da wird mit Gewalt aus einer Mücke ein Elefant geklont, der (schluchz!) im Zoo stirbt. Und wenn dann in wunderbarer Weise gar nichts mehr passieren will, gibt es nur noch eine Rettung für schlagzeilenarme Zeitungsmacher in Berlin: die neueste Umfrage zur „Mauer in den Köpfen“.
Kommentarvon PHILIPP GESSLER
Die heimatverbundene Mopo, die so gern in den Osten expandieren würde, hat sie dieses Jahr wieder verbrochen und kommt zum Ergebnis: „Auch die Mauer in den Köpfen ist jetzt weg.“ Belegt wird diese These durch das dünne Argument, in beiden Teilen der Stadt machten sich die Leute in fast gleichem Maße die gleichen Sorgen über die Arbeitslosigkeit. Ach was.
Wunderbar konterkariert wird die Mopo-These durch die Ansicht des Berliner Stadtsoziologen Hartmut Häußermann von der Humboldt-Uni: Die Deutsche Presse-Agentur, ebenfalls unter Nachrichtenarmut leidend, hat ein Gespräch mit ihm geführt, in dem er genau das Gegenteil sagt. „Der alte Westen und der alte Osten stehen einander unbekannt und ignorant gegenüber.“ Berlin bleibe ein geteilte Stadt. Wer hat Recht?
Offensichtlich keiner: Berlin ist und war immer eine geteilte Metropole, im Osten wohnte schon vor dem Mauerbau der arme Onkel, den man nicht verstand – nachzulesen in den neuen Büchern der Publizisten Siedler und Haffner. Die Teilung ist also da – aber völlig normal. Und eigentlich keine Nachricht wert. Doch keine Angst: Wenn 2001 Weihnachten naht, wird bestimmt die nächste Expertenmeinung oder Umfrage zum ganz heißen Thema zu lesen sein: „Die Mauer in den Köpfen“.
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