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Archiv-Artikel

touristenstadt berlin Wenigstens eine Erfolgsbilanz

Wer kennt das nicht: Schlangestehen vorm Museum, kein Durchkommen am Hackeschen Markt, höhere Preise in den Kneipen. Jahr für Jahr steigt die Zahl der Touristen in Berlin. Eine Erfolgsgeschichte, zweifelsohne. Wie aber verändert sich die Stadt mit dem Tourismusboom? Und wie wird es sich verändern, wenn 2006 mit der Fußball-WM noch mehr Touris kommen?

KOMMENTAR VON UWE RADA

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass der Berliner den Touristen lieb gewonnen hat, irgendwie. Nichts mehr vom alten Spontispruch „Wir sind die Terroristen und grüßen die Touristen“. Selbst die Taxifahrer wirken mitunter, als kämen sie geradewegs aus einer „Welcome to Berlin“-Schulung. Und die Schlangen vor Museum kennt der Berliner auch aus seiner eigenen Zeit als Tourist. Nicht nur der Reisemarkt wächst in Berlin, auch der Berliner wächst mit dem Tourismus.

Allzu schwer ist das nicht. Berlin ist schließlich nicht Heidelberg. Zudem hat die Stadt ganz andere Anstürme erlebt. Schon beim Regierungsumzug lautete die Befürchtung: Die Bonner werden Berlin verändert. Heute weiß man: Eher hat Berlin die Bonner verändert.

Berlin ist nicht Heidelberg aber auch noch aus einem anderen Grund: In die klassischen Touristenzentren kommen klassische Städtetouristen – gruppenweise im Bus. Nach Berlin zieht es vor allem Individualreisende. In Berlin suchen sie die Freiräume, die sie zu Hause nicht mehr finden. Damit tragen sie nicht unwesentlich zum Image Berlins als „Stadt der Kreativen“ bei, manche bleiben für immer.

15 Millionen Übernachtungen hat Berlin im Jahr 2005 gezählt, 2006 können es gut und gerne ein paar Millionen mehr werden. Lange schon hat Berlin Rom als Nummer drei in Europa hinter sich gelassen und ist nun Paris auf den Fersen. Die Jahresbilanz einer Erfolgsgeschichte hat – fast – keinen Haken. Doch am Kerosinverbrauch der Billigflieger sind wir als Berliner Touristen genauso beteiligt wie die, die via Schönefeld aus Italien oder England kommen. Prost Neujahr also. Auch wenn Deutschland nicht Fußball-Weltmeister wird. Berlin hat schon jetzt gewonnen.