temporäre Kunsthalle: Ein Glückswürfel für Berlin
Kunstförderer und Aussteller wollen den White Cube auf dem Schlossplatz zum Anlass für eine große Werbekampagne nehmen. Berlin soll international als Kunststadt punkten. Eröffnung im April.
Die Begeisterung über den White Cube, die geplante temporäre Kunsthalle auf dem Schlossplatz, lässt Berliner Museumsleiter und Kunstförderer zu leuchtenden Metaphern greifen: Volker Hassemer von der Stiftung Zukunft Berlin, die den Kubus unterstützt, spricht von einem "Glitzerding", das es in Berlin so bald nicht wieder geben werde. Gereon Sievernich, Direktor des Martin-Gropius-Bau, nennt die Halle gar einen "Polarstern". Und weil der auch nicht alleine am Himmel steht, sollen um diesen Stern in der Mitte wie die "Milchstraße" andere Ausstellungen kreisen.
Das ist es, was die Herren und Damen gestern verkündeten: Sie wollen den White Cube als Anlass nehmen, die Bildende Kunst in und aus Berlin international bekannt und sichtbar zu machen.
Vertreter von wichtigen Institutionen und Häusern zeitgenössischer Kunst wie das Art Forum Berlin, die Berlinische Galerie, die Kunst-Werke oder der Hamburger Bahnhof haben verabredet, unter dem Titel "Berlin im Licht der Kunst" in den nächsten zwei Jahren stärker gemeinsam aufzutreten. Ins Leben gerufen wurde die Initiative von der Stiftung Zukunft Berlin.
Die Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) hatte schon im Sommer angekündigt, die Kultur ins Zentrum der Imagewerbung für die Stadt stellen zu wollen. "Wir geben nun Butter bei die Fische und konkretisieren das", sagt Hassemer, der früher auch die Tourismusagentur "Partner für Berlin" leitete. Bausteine des Konzepts seien beispielsweise ein umfassendes Programmheft, die Konzentration auf Ausstellungen von Arbeiten heute in Berlin lebender Künstler, aber auch gezielte Anzeigenkampagnen.
Hassemer will die Aufmerksamkeit, die der Würfel erregt, ausnutzen. "Mit dem White Cube können wir am besten Platz Berlins Kunst zeigen. So etwas bekommen wir in den nächsten 20 Jahren nicht wieder".
Erst am vergangenen Dienstag hatte sich der Senat für den Würfel als temporären Ausstellungsort ausgesprochen - und sich gegen den Wolken-Entwurf des Architektenbüros Graft entschieden. Was nun eigentlich genau im Kubus gezeigt werden soll, wollte Kuratorin Constanze Kleiner gestern nicht verraten. Nur soviel: Man hoffe, den Bau parallel zur Berlin-Biennale im April eröffnen zu können.
Die außen farbige Kunsthalle aus Textil soll auf der sogenannten Schlossfreiheit errichtet werden. Nach dem Abriss des Palastes der Republik wäre demnach noch Platz für andere Aktivitäten auf dem Areal. "Alles, was noch zusätzlich auf dem Schlossplatz stattfindet, ist prima und hat unsere Unterstützung", sagte Hassemer.
Das Ausschlag gebende Argument für den Würfel und gegen die Wolke war die gesicherte Finanzierung des Kubus. Der Stifter Dieter Rosenkranz fördert den Bau mit 850.000 Euro, eine Millionen soll er insgesamt kosten. Mit der Bündelung ihrer Aktivitäten hoffen die Berliner Ausstellungsmacher nun, auch andere Projekte für private Förderer attraktiver zu machen. "Vielleicht denkt der ein oder andere: Damit kann ich mich als Mäzen sehen lassen", sagte Jörn Merkert, Chef der Berlinischen Galerie.
Aber auch der Senat soll in die Pflicht genommen werden: "Private und öffentliche Partner könnten es schaffen, dass Berlin zu Europas Kunststadt Nummer eins wird", heißt es in der Presseerklärung der Stiftung Zukunft Berlin.
Torsten Wöhlert, Sprecher der Kulturverwaltung, begrüßte das Vorhaben gestern als "wunderbares bürgerschaftliches Engagement". Um über die Finanzen zu reden, sei es aber zu früh.
Auch wenn noch Einiges am Schlossplatz im Dunkeln liegt: Volker Hassemer und seine Mitstreiter bleiben bei ihrer Metaphorik des Lichts. Abschließend heißt es in der Erklärung: Berlin solle die Bildende Kunstszene als "Leuchtturm" einsetzen, da dessen "Strahlkraft" weithin wahrnehmbar sei.
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