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Archiv-Artikel

tempo 30 Langsamer kann schneller sein

Vogelgezwitscher und Wellengeplätscher, Blätterrauschen und Sträucherrascheln – wer im Urlaub die Laute der Natur genossen hat, dem ist, frisch heimgekehrt, der Lärm der Großstadt eine einzige Ohrenpein. Hauptursache des Lärms ist der Straßenverkehr, vor allem von Lkws und durchgeknallten Motoradfahrern. Gut, dass der Senat nun die Einführung von Tempo 30 auch auf Hauptstraßen prüfen will, weil dies den Verkehrslärm eindämmen würde.

Kommentar von RICHARD ROTHER

Fraglich ist allerdings, ob diese Maßnahme tatsächlich den gewünschten Erfolg bringen würde. Denn ein großer Teil des Lärms entsteht beim Anfahren, egal ob auf Tempo 30 oder Tempo 50 beschleunigt wird. Quälen sich Laster und Autos im Stau, Stoßstange an Stoßstange, von roter Ampel zu roter Ampel, wird auch der Lärmpegel nur wenig sinken – es sei denn, man würde die Straße komplett schließen. Allerdings ist eine Großstadt darauf angewiesen, dass sich Güter und Menschen von A nach B bewegen können, auch auf Straßen.

Am wenigsten Lärm verursacht der – zumindest teilweise nötige – Straßenverkehr, wenn er ruhig und gleichmäßig ist. Sinnvoll wäre deshalb, neben möglichen Geschwindigkeitsreduzierungen an geeigneter Stelle über auch grüne Wellen nachzudenken.

Am Ende hätten sogar die Auto- und Lkw-Fahrer etwas davon: Mit Tempo 30 durch die Stadt zu schwimmen, ist allemal schneller als das übliche Stop and Go von Ampel zu Ampel. Und sportliche Fahrradfahrer müssten sich auch nicht mehr über ständiges Pflichthalten an Ampeln ärgern.

Aber: Die Urlaubsruhe und -idylle wird ein Großstädter zu Hause dennoch nicht finden – nicht einmal, wenn er sich Hightech-Kopfhörer aufsetzt und eine CD mit Vogelgezwitscher einlegt.