taz.adventskalender Die 14 : Wir wünschen uns ... mehr Weitsicht
Das Leben ist ein Wunschkonzert: Stimmt leider nicht ganz, aber zumindest im Advent werden Sehnsüchte, Hoffnungen – Wünsche eben – geäußert. Auch an dieser Stelle in der taz, bis zum 24. Dezember jeden Tag.
Viele Bewohner Berlins sind innerlich zerrissen: Eigentlich leben sie hier gerne, lieben die Kultur, die Atmosphäre, die Nähe zum Bäcker, Supermarkt, Arzt etc. Aber wäre es nicht auch schön, endlich wieder im Grünen zu wohnen, wo das Fahrgeräusch der Autos nicht zu einem Brei aus Krach verschmilzt, weil sich die Fahrzeuge schier endlos aneinanderreihen? Wo man so viel Platz zum Joggen hat, dass man keine Runden drehen muss wie in den hiesigen Parks? Wo der Schnee – wenn er denn mal liegen bleibt – nicht gleich zu schwarzem Schmodder wird? Also raus aufs Land?
Nein, natürlich nicht – das ist die Überzeugung vieler Berliner, sonst wäre die Stadt ja nicht nur in Ferienzeiten leer (schließlich soll es in Brandenburg sogar noch bezahlbare Wohnungen geben!). Aber wenn man schon nicht den Horizont sehen kann, die Weite am Tag, wäre es doch wünschenswert, zumindest die Weite der Nacht zu sehen: die Sterne.
Es gibt sie tatsächlich, auch über Berlin. Und sie erstrahlen zu lassen wäre viel leichter, als das ländliche Grün in die Stadt zu holen. Berlin müsste einfach mal abschalten, und zwar gründlich: alle Lichter aus, nicht nur, wenn es für eine Klimaschutzkampagne gefragt ist. Statt Festival of Lights ein Festival of Nights.
Dann einfach auf den Rücken legen und stundenlang Sternbilder raten – das geht sogar in den grauesten Hinterhöfen und, mit der richtigen Kleidung, sommers wie winters. Am besten ist es natürlich auf einem Hausdach. Wobei der Gedanke an die drum herum im Dunkeln liegende Stadt schon fast ein wenig gruselig ist. Bert Schulz
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