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taz-olympiakrimi: im schatten der ringeKapitel 12: In dem der Plural ins Spiel kommt

Grinsen auf der Ehrentribüne

Was bisher geschah: Wayne Bruce kommt der Aufklärung des Mordes an IOC-Mitglied Thomas Kiwabaki aus Botswana und seinem Bruder Samuel nicht näher. Da bekommt er erstaunlichen Besuch: Rafer Johnson, einstiger Zehnkampf-Olympiasieger und Wahlhelfer von Robert Kennedy, überrascht den Kommissar mit einer Anspielung auf die CIA.

„CIA?“, fragte Bruce. „haben Sie etwa mit der CIA zu tun?“ – „Gott bewahre“, sagte Johnson“, aber ich habe von früher noch ganz gute Beziehungen und höre dies und jenes.“ – „Das wäre?“ – „Ihr Fall hat weitreichendere Aspekte, als Sie vielleicht bisher angenommen haben. Mehr kann ich nicht sagen.“ – „Und warum sagen Sie überhaupt was?“ – „Ich war mit den Kiwabakis befreundet. Es wäre schön, wenn Sie die Mörder fänden.“ – „D i e Mörder?“ – „Ja. Den Täter und seine Hintermänner.“

CIA, dachte Bruce, als Johnson gegangen war, das war interessant. Schließlich wurden nicht nur IOC-Vizepräsident Kevan Gosper immer wieder Verbindungen mit dieser Organisation nachgesagt, sondern auch der berüchtigte Kim Un-Yong, heißer Kandidat für die Samaranch-Nachfolge, bis er in den Korruptionsskandal um Salt Lake City verwickelt wurde, hatte zu Zeiten der südkoreanischen Militärdiktatur auf der Gehaltsliste gestanden. Die Frage war nur: Wie überführt man die CIA eines Mordes?

Da er vorläufig nichts weiter tun konnte, sprach kaum etwas dagegen, mal wieder zum Basketball zu gehen. Zuvor kämpfte er sich aber noch durch jeweils acht Seiten Cathy Freeman in diversen Tageszeitungen. „Alles Heuchelei“, brüllte Kommissar David Persini, der ihm über die Schulter sah. „All dieses Aborigines-Brimborium bei der Eröffnungsfeier, und jetzt findet es sogar dieser ekelhafte Howard toll, dass Cathy die Aborigines-Fahne durch das Stadion schleppt“, maulte er herum, „und morgen schlagen sie wieder einen Schwarzen in der Ausnüchterungszelle tot.“ – „Vorsicht, du sprichst von unseren Kollegen“, sagte Bruce, der seinem wortradikalen Untergebenen bezüglich John Howard aber Recht geben musste. Kaum schaute die Welt zu, spielte der Premierminister den Humanisten, dabei hatte er erst kürzlich erneut erklärt, dass es den von den Aborigines geforderten Wiedergutmachungsvertrag nicht geben werde. Und dass er etwas gegen die von Aborigines-Organisationen in einer Kampagne angeprangerten „Tode in Haft“ unternehmen würde, war so unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass es bei diesen Spielen eine australische Goldmedaille geben könnte, ohne dass John Howard von der Ehrentribüne grinste.

Nachdem er das letzte Mal, trotz seines Dienstausweises, der ihm überall freie Durchfahrt gewährte, eine halbe Ewigkeit im Stau gestanden hatte, fuhr er diesmal mit der Bahn zum Olympischen Park. Brav umrundete er im gigantischen, langsam dahinfließenden Menschenstrom einmal großräumig das Bahnhofsgelände, wie es die zahlreich postierten blaujackigen Wegweisungsvolunteers verlangten, erreichte schließlich den Bahnsteig und stieg in einen der doppelstöckigen Züge, die während der 20-minütigen Fahrt tatsächlich brav auf den Schienen blieben. Aber die Probleme der Vorolympiazeit schienen ja seit der Eröffnungsfeier wie weggeblasen. Bruce staunte jedenfalls, dass alles so schnell ging, und fiel vor lauter Begeisterung sogar in das kollektive „Oi, oi, oi“ ein, nachdem ein Stimmungskanonenvolunteer die fröhliche Meute auf dem olympischen Bahnhof mit einem markigen „Aussie, Aussie, Aussie“ begrüßt hatte.

Das Objekt seiner visuellen Begierde war natürlich erneut das Basketballteam der USA. Angesichts der Mühe, welche diese Ansammlung von Superstars wieder mit ihren Gegnern hatte, drängte sich Bruce langsam eine boshafte Ahnung auf, welcher Nationalität möglicherweise die komplette olympische Basketballmannschaft gewesen war, die kürzlich in einem Luxusbordell der Innenstadt gesichtet wurde. Noch lieber hätte er gewusst, für welche Regierungsdelegation, die in dieser Woche in Sydney eintraf, dreizehn Damen vorgebucht worden waren, wie die Leiterin der betreffenden Agentur der Presse verraten hatte.

Dieses Rätsel blieb wohl ungelöst.

Ein anderes, weitaus dringenderes, hatte sich hingegen aufgeklärt, wie ihm ein aufgeregter Persini des Abends am Telefon mitteilte. MATTI LIESKE

Fortsetzung folgt

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