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taz-lab-Kolumne weiter/machen #7 Nackt unter Rechten

Kurz vor der Bundestagswahl wollte unser Autor nichts weiter als einen erholsamen Tag in der Sauna verbringen. Womit er nicht gerechnet hat, waren der „Überraschungsaufguss“ und dessen Gäste.

Als sogenannter QAnon-Schamane wurde Jake Angeli zu einem Symbol der Stürmung des Kapitols 2021 Foto: reuters /Caitlin O'Hara

tazlab | Der Schweiß steht mir auf der Stirn. Und das nicht nur, weil der Aufguss kurz bevorsteht. Grund dafür sind die Gesprächsfetzen, die durch das Stimmenwirrwarr zu mir vordringen. Links, rechts, über oder in der Reihe unter mir, bei welcher Gruppe es um das Thema „Ausländer“ und „Abschiebungen“ geht, kann ich aufgrund meiner Kurzsichtigkeit so schnell nicht ausmachen.

„Will ich mir meine Stimmung jetzt wirklich durch Vorurteile vermiesen lassen?“, frage ich mich und versuche den Gedanken, warum sich diese Szene ausgerechnet in Brandenburg abspielt, so schnell wie möglich wieder loszuwerden. Ich lenke mich mit der Frage ab, was wohl der angekündigte „Überraschungsaufguss“ sein wird, der jeden Moment beginnen muss.

taz lab – der Kongress der taz

Jedes Jahr im April geht das taz lab, der Kongress der taz über die Bühne. Live im Stream und rund um den taz Neubau in Berlin.

■ Das taz lab ist Deutschlands Kongress für Debatte, Streit und Verständigung zu den Fragen der Zeit, ausgerichtet und kuratiert von der taz.

■ Unter einem alljährlichen Oberthema diskutieren am taz-lab-Tag Menschen aus Politik, Zivilgesellschaft, Forschung, Wirtschaft, Medien und Kultur. 2025 lautet das Thema: weiter/machen – Jenseits der Empörung.

■ 2025 findet das taz lab am 26. April statt. Tickets gibt's hier.

Plötzlich schrecke ich hoch. Aus der Boombox brüllt eine mir unbekannte Stimme mantraartig „Welcome to Valhalla!“. Der Saunameister trägt ein dunkles Fell um die Schultern gelegt. Als er näherkommt nehme ich seine martialisch anmutenden Tätowierungen wahr.

Diffuse Skepsis

Und auch wenn ich im aufziehenden Dunst keine Hörner ausmachen kann, muss ich unweigerlich an den „QAnon-Schamanen“ vom Sturm auf das Kapitol denken. In bester Bierzeltstimmung beginnen einige meiner nackten Sitz­nach­ba­r:in­nen, frenetisch im Takt zu klatschen. Spätestens als der Zeremonienmeister zum Abschluss einen Eimer Eis über seinem Kopf entleert, kennt die Menge kein Halten mehr.

Einen Tag später wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Jede fünfte Stimme geht an eine extrem rechte Partei. In Brandenburg jede dritte. Das wird mich nicht davon abhalten, weiterhin in die Sauna zu gehen. Doch ist da seitdem eine diffuse Skepsis, sobald ich an einem öffentlichen Ort auf mehr als vier Menschen treffe. In Brandenburg sogar, wenn ich in Begleitung nur auf eine andere treffe.