taz FUTURZWEI-Wahltagebuch #1: Don Frederico und Sancho Laschet

Wie Don Quixote in der Welt der Ritterromane, so ist Friedrich Merz gefangen in der Wahnwelt seiner Jugend.

Don Frederico und Sancho Laschet Foto: Illustration: Björn Dermann

Von HARALD WELZER

Als neulich die Nachricht kam, dass Armin Laschet den unvermeidlichen Friedrich Merz in sein Wahlkampfteam geholt hat, habe ich mich gleich über die Konsequenz gefreut, mit der ein extrem schwacher Kanzlerkandidat bei seiner Linie der weiteren Schwächung bleibt. Ich hatte ja schon, als noch die Ministerpräsidenten-Soap zu Corona lief, stündlich damit gerechnet, dass Hartmut Mehdorn zum Leiter einer nationalen Taskforce berufen würde, aber die Sache mit Merz ist in Sachen Versagensquote natürlich auch sehr stark.

Das ist schon ein Move für eine konservative ehemalige Volkspartei, nicht mehr auf so Machertypen zu setzen, sondern das Rollenmodell des De- und Ausrangierten, des vielfach Abgewiesenen und Besiegten nach vorn zu bringen! Von der Union ist das eine subtile Unterwerfungsgeste unter die siegreiche Genderbewegung, was Markus Feldenkirchen und Robin Alexander noch gar nicht mitgeschnitten haben: Laschet und Merz symbolisieren das Abtreten des alten weißen Mannes von der politischen Bühne, und das mit überraschender Selbstironie. Und das ist ja doch auch sympathisch.

HARALD WELZER ist Herausgeber von taz FUTURZWEI und schreibt im Wechsel mit Peter Unfried das Wahltagebuch. Foto: privat

Das war mein erster Gedanke. Der zweite war: Don Quixote und Sancho Pansa! Also dieser Archetyp des ungleichen gleichgeschlechtlichen Paares, der lange dürre grenzenlos von sich und der selbstgegebenen Mission Überzeugte und der kleine dicke Alltagstauglichere, der für den Langen die Kohlen aus dem Feuer zu holen versucht, aber trotzdem immer schlecht behandelt wird. Eine Super-Kombi! Don Frederico, gefangen in einer längst vergangenen Zeit, versponnen in die Phantasien seiner Allmacht, und am Ende wird er immer nur verprügelt. Und Sancho Laschet, der erklärt und macht und tut, damit man Don Fredericos Hybris nur für einen verzeihlichen Spleen hält und seinen Wahn für guten Willen – vergebens, vergebens.

Vom Weiterdrehen einer im Zeichen der ökologischen Aufklärung stehenden Erde nichts mitgekriegt

Und wie Don Quixote in der Welt der schon damals längst abgehangenen Ritterromane lebte und diese nachzuspielen versuchte, so hält sich Don Frederico noch immer in der mythischen Spur der Wirtschaftshelden seiner Jugend auf, bei Maggie und Ronald, und hat vom Weiterdrehen einer im Zeichen der ökologischen Aufklärung stehenden Erde so gar nichts mitgekriegt. Es gibt doch noch so viele Windmühlen, die besiegt werden müssen! Und Sancho immer hinterher, mit seinem Limbo-Blick, ebenfalls aus falschem Zeitbewusstsein stammend, in dem Fall – even more crazy – aus der Wirtschaftswunderzeit, wie die ganze CDU, die trotzdem nicht an ihn glaubt. Aber nett, der Kleine da auf dem Esel. Und nicht ganz so entrückt wie der Lange auf dem klapprigen Gaul. Kandidiert jetzt mal im Hochsauerlandkreis, nächste Schwundstufe, doch der Wahn hält an. So bleiben sie beide auf groteske Weise aneinander gebunden.

Und wenn ich mich als Publikum nehme: Die geben schon ein hübsches Bild, Vergeblichkeit in the making, durch die Mancha reitend, zu neuen Abenteuern, unaufgehalten durch sich selbst.

HARALD WELZER ist Sozialpsychologe und Herausgeber von taz FUTURZWEI. Er schreibt im Wechsel mit Peter Unfried das Wahltagebuch.

.
.