taz-Autotest: Mit guten Bremsen

Der Honda Civic Hybrid ist die Nummer 1 der VCD-Umweltliste. Kaum einer kennt ihn, kein Politiker hat ihn je gewürdigt.

Der Honda Civic Hybrid ohne Peter Unfried Bild: AP

Der neue Autotest der taz berücksichtigt ausschließlich Fahrzeuge, die weniger als 110 g Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen. Grund: Die von Merkel verwässerte neue EU-Flottengrenze von 130 g/km ab 2012 ist angesichts der weltweit steigenden Zahl von Autos zu wenig. Nur: Es gibt kaum Massenmarkt-Autos unter 110g/km.

Der Umweltfaktor: Mit einem offiziellen Kohlendioxidausstoß von 109 g/km ist der Honda Civic Hybrid das einzige Auto außer und nach dem Toyota Prius Hybrid (104) oberhalb der Kleinwagenklasse, das höheren ökologischen Ansprüchen genügt. In der aktuellen Umweltliste des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) liegt er sogar vor dem Prius. Grund ist der angeblich noch geringere Lärmfaktor. Das ist allerdings umstritten.

Ein Hybrid ist eine Kombination von Benzin- und Elektromotor. Das gilt als Übergangstechnologie auf dem Weg zum modernen Auto, das keine fossilen Brennstoffe verbrennt und keine Emissionen ausstößt. Der neueste Hybrid von Honda ist seit 2006 auf dem deutschen Markt. Honda hat Hybrid-Pedigree: Vorgänger waren der Insight (1999) und der erste Civic Hybrid (2002).

Der Honda tritt an in der Kompaktklasse (das ist die des VW Golf) und arbeitet mit "Integrated Motor Assist". Heißt: Er kann nicht mit Elektromotor allein fahren. Auf einer unspektakulären Anzeige sieht man, wenn dieser sich zuschaltet und den Benzinmotor entlastet, meist beim Beschleunigen. Beim Bremsen vor der Ampel fließt überflüssige Energie in die zwischen Kofferraum und Rücksitzlehne eingebaute Nickel-Metallhydrid-Batterie zurück.

Das ist sinnvoll, und deshalb fühlt man sich beim Bremsen plötzlich ziemlich gut.

Der Automatik lässt sich entspannt fahren. Mit seiner Start-Stopp-Automatik geht er an der Ampel aus und sehr smooth wieder an.

Der Tag einer größeren Testfahrt ist ein sehr warmer. Doch selbstredend kann man die Klimaanlage dennoch nicht einschalten, wenn man umweltorientiert fährt. Auch nicht wenn die Kinder hintendrin jämmerlich schwitzen. Da müssen sie durch. Die Klimananlage ist ja in Wahrheit eine Klimakilleranlage und würde Verbrauch und Ausstoß immens erhöhen.

Wie fährt man bei Tempo 40?

Gut. Mit diesem Tempo kann man kurzzeitig den zugeschalteten Elektromotor innerstädtisch am besten zum Wohle der Mitmenschen nutzen.

Wie fährt man bis Tempo 100?

Beim Fahren über Land im Bereich zwischen 80 und 100 km/h kann man den Honda tatsächlich mit 4,2 bis 4,4 Litern fahren. Generell sind die ersten zehn Minuten spritintensiv. Danach wird es schnell weniger und das Gefühl besser. Auf der Autobahn zeigt sich schnell: Bei Schnullibulli-Fahren (unkonzentriert zwischen 120 und 150 hin- und her pendeln) ist der Verbrauch schnell im problematischen Bereich (6-7 l). Schaltet man auf Cruise Control und fährt fest 120 km/h, wird es besser, doch erst bei 114 km/h kommt man auf einen Schnitt von 5,1 l. Verbrauch im 500-km-Dauertest (Autobahn): 5,3 l.

Technikfaktor: Überschaubar. Der Honda verzichtet auf aufwendige Visualisierung der Hybridtechnik. Er gibt einem nicht wie der Prius das Gefühl, in einem Zukunftsmobil zu sitzen.

Familienfaktor: Drei Kinder haben mehr als genügend Platz. Vier nicht. Leider gibt es keinen wirklich ökoakzeptablen Sechssitzer. Der Kofferraum ist etwas kleiner als der des Prius, aber okay.

Dienstwagentauglichkeit: Ja. Staatstragende Geschäfte und Telefongespräche sowie innerparteiliche Intrigen sind problemlos vom Rücksitz aus zu erledigen. Vor allem gesund ernährte Grünen-Mitarbeiter passen prima rein.

Spaßfaktor: Na ja. Der Honda fühlt sich an wie ein konventioneller Mietwagen in den USA. Entspannt, aber konventionell. Gerade das soll ihn massentauglich machen. Von Masse kann aber noch keine Rede sein: Im Jahr 2006 wurden in Deutschland 614 Stück verkauft. Tatsächlich gab es aber beim Test im ländlichen Stammtischmilieu anerkennendes Nicken für das Auto und ausdrückliches Lob für sein Aussehen. Letztlich kommt es auf den Fahrer und seinen Bewusstseinszustand an: inwiefern er geringen Verbrauch realisieren will und inwieweit ihm das so richtig Spaß macht, wenig Sprit zu verbrauchen.

Statusfaktor: Im kalifornischen College-Town sieht man den Honda so selbstverständlich wie den Toyota rumschleichen. Dennoch fehlt der Hollywood-Faktor. Der Honda Civic Hybrid ist auch in Deutschland nicht annähernd so stark mit grünem Glamour aufgeladen. Es war kein Zufall, dass sich Tübingens OB Boris Palmer für den Prius als Dienstwagen entschied. Man sieht dem Honda das Gute nicht an, das ehrt ihn und ist etwas für Menschen, die Angst haben, sonst als Ökoangeber missverstanden zu werden (Zeit-Chef Josef Joffe?). Auf dem Testwagen allerdings prangt rechts und links riesig das Wort "Hybrid". Das wiederum kommt etwas prollig. Trotzdem keine Groupie-Angebote, auch nicht aus dem Nadine-Friseurinnen-Milieu.

Was nachdenklich macht: Wie VW beim Lupo hat auch Honda beim Civic dem Öko-Future-Car keinen eigenen Namen gegeben. Der Name "Prius" dagegen wird exklusiv für den Hybrid benutzt. Ein Prius ist damit unverwechselbar, ein Civic nicht.

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