taz🐾sachen: Eine begnadete Erzählerin
Also, das war schon gewagt: Bei der Verleihung des Spezialpreises der Otto-Brenner-Stiftung für „kritischen und pointierten Wirtschaftsjournalismus“ wollte die Moderatorin gleich mal wissen, ob taz-Redakteurin Ulrike Herrmann eine Kapitalismuskritikerin ist. Wer Herrmanns Bücher kennt, weiß, dass sie in diesem Moment gleich zu einem Vortrag anheben könnte, der länger wäre als Fidel Castros endlose Parteitagsreden. Aber das macht Herrmann natürlich nicht. Obwohl sie mitten in der Antwort durchaus augenzwinkernd fragt, ob sie noch weiterreden soll.
Weiterreden über den Kapitalismus, der sie fasziniert, weil er das einzige dynamische Gesellschaftssystem ist, das in der Weltgeschichte jemals erfunden wurde und das uns Wohlstand beschert – und doch den Keim des Untergangs in sich trägt. Denn Kapitalismus funktioniert nur mit Wachstum. In einer endlichen Welt kann es jedoch kein unendliches Wachstum geben.
Ulrike Herrmann führt hier in wenigen Worten vor, was Heribert Prantl in seiner Laudatio aufs Schönste lobt: „Sie kann Wirtschaft so erklären, dass es Vergnügen macht, sich damit zu beschäftigen. Sie demokratisiert Ökonomie, ist eine begnadete Erklärerin.“ Sie erkläre aber nicht nur, sie kämpfe auch gegen den grassierenden Neoliberalismus, der eine Gefahr für unsere Demokratie sei. So wurde „sie zu einer eloquenten Verteidigerin des Sozialstaates“ und zur hartnäckigsten Verteidigern der Haltung, „dass Wirtschaft der Demokratie zu dienen hat“. Dafür hat sie den Otto-Brenner-Preis mehr als verdient. Daniel Haufler
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