tarif-ultimatum : Zu schwach für eine Drohkulisse
Schlecht sieht es derzeit aus für die Gewerkschaften. Gelten in der öffentlichen Meinung als Blockierer, müssen an ihrer Schlagkraft zweifeln, weil die Streikbereitschaft ihrer Mitglieder nicht die größte scheint. Da ist es logisch, wenn das jüngste Ultimatum im Tarifkonflikt nur als zahnloser Tiger daherkommen kann. Bis Ende Mai soll der Senat antworten, fordert Verhandlungsführer Tremper – nur eine Drohkulisse fehlt.
Kommentarvon STEFAN ALBERTI
Der Senat hingegen hat es sich inzwischen komfortabel eingerichtet. Den lange gralsmäßig hochgehaltene Solidarpakt braucht er rein zahlenmäßig betrachtet inzwischen nicht mehr: Sparmaßnahmen vor allem bei den Beamten machen bereits mehr als die für dieses Jahr eingeplante Sparsumme von einer Viertelmilliarde Euro aus.
Die Schlappe vergangene Woche am Arbeitsgericht, das den Tarifausstieg bei den Arbeitern kippte, ist zwar peinlich für den Senat. In der Sache aber kostet sie nur zehn Millionen an Lohnnachzahlungen– Peanuts im Verhältnis zur riesigen Gesamtsumme.
Eine Chance haben die Gewerkschaften derzeit nicht mit brachialer Haudrauf-Taktik, zu der ihnen der Rückhalt fehlt, sondern allein mit subtileren Mitteln. Sie müssen dem Senat öffentlichkeitswirksam zumindest ein Stückchen entgegenkommen. Müssten das auf einem Feld tun, das anschaulich ist, wo sich kleine Schritte groß verkaufen lassen. Reagiert der Senat darauf nicht, können die Gewerkschaften die Gegenseite als Blockierer hinstellen und über öffentlichen Rückhalt an Stärke gewinnen. Dann wären sie wieder in der Lage, Ultimaten auch mit einer Drohkulisse zu verbinden.