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sydney-syndromMitbringsel

Gestern wurde dann sogar die Eröffnungsfeier, auf eine Stunde eingedampft, sozusagen als „Best of“ wiederholt. Vielleicht verhilft die Showkonserve endlich zu den erhofften olympischen Quoten, die bisher selbst noch von einem unwichtigen Uefa-Pokalspiel getoppt wurden.

Nein, es will keine rechte Stimmung aufkommen in Sydney – jedenfalls nicht aus Sicht der deutschen Fernsehmacher. Besserung droht auch nicht: Keine Helden in Sicht, ständig ist nur die Rede von „undankbaren vierten Plätzen“, „beachtlichen Vorkampfergebnissen“ und vor allem vom „Pech“. Das geht auch an den ModeratorInnen nicht spurlos vorbei: Gerd Rubenbauer hat überhaupt kein seifiges Tremolo in die Stimmbänder gelegt; Franziska Schenk interviewt noch unbeholfener als sonst; Yasmin Kalkan, sonst immer mit feinem Lächeln ausgerüstet, liest die Nachrichtenblöcke wie Mitteilungen aus der Gruft.

Die schlechten Vibes scheinen sich auch auf die Studiogespräche niederzuschlagen. Lustlose Fragen, vor allem von Michael Antwerpes, hochnäsig-freundliche Filmchen über afrikanische Schwimmer, die für 100 Meter Freistil länger brauchen als ein australischer Krauler für die doppelte Distanz – das wird als „olympischer Geist“ (Reinhold Beckmann) verkauft.

Zeit also, über die Geschenke zu sprechen, die ARD und ZDF ihren Studiogästen aufnötigen. Die vom Zweiten überreichten kryptisch-wirren Bilder – limitiert und begehrt, natürlich. Schön, dass da den meisten SportlerInnen sofort die Ratlosigkeit ins Gesicht steigt. Die Leute vom Ersten drücken jedem und jeder einen Bumerang in die Hand („da haben Sie bestimmt eine schöne Erinnerung an Australien“) – und die meisten sagen nicht einmal Danke, was bei der ohnehin trüben Stimmung doch sehr auffällt. Dazu gibt es noch einen Pokal, als Einladung zur ARD-Sportgala im November: Darf das schamlose Statistenverpflichtung genannt werden? JaF

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