stockholm-syndrom 3 : Angst vorm Sieg
Jürgen Meier-Beer läuft besorgt in diesen Tagen durch die Gänge des Veranstaltungszentrums Globen. Ihn stört nicht der Sonnenschein über Schweden und nicht die gute Organisation. Aber eines dann doch: Muss sein NDR den Grand Prix Eurovision 2001 veranstalten?
Nichts käme ihm ungelegener: Ein Jahr lang nichts anderes machen als dieses Ereignis vorzubereiten. Dazu müsste Stefan Raab gewinnen. Und dummerweise sagen fast alle Musiker und Journalisten aus dem Ausland auf die Frage, welches Lied sie am besten finden, ganz unverspannt „Wadde hadde dudde da“.
Ein britischer Journalist vom Guardian staunte nur: „Nach Guildo Horn noch ein Deutscher, der Humor hat.“ Vor allem nach Raabs erster Bühnenprobe gestern Vormittag stiegen dessen Aktien in den britischen und schwedischen Wettbüros. Und: Applaus in der Halle, hochgereckte Daumen beim technischen Personal des schwedischen Fernsehen SVT. Raab meckert stattdessen – ganz deutsch – über die misslichen Kamerafahrtvorschläge der SVT-Leute.
Offiziell hat der Kölner ohnehin nur eine Sprachregelung parat: Dass ihm ein Sieg egal sei und auch ein letzter Platz in Ordnung. Andere Teilnehmer glauben, dass Raab – ob nun Sieger oder nicht – das beste Lied im Rennen hat. Raab dazu nur lapidar: „Mein Lied ist Musikermusik – komplex und mit viel Mühe gemacht. Aber ob es gefällt, hängt doch nicht von ihnen ab.“
An solchen Statements erkennt man leicht, dass er am Sonnabend bei der Punkteauszählung derjenige sein wird, der am gequältesten verfolgt, ob er Points erhält oder nicht.
Jürgen Meier-Beer vom NDR, Fernsehmann, der nur auf Quote hält und dem nach eigener Aussage das nationale Interesse vollkommen gleich ist, hofft, dass Raab viel Glück hat – und wenigstens einen Punkt weniger als der Sieger: Den Grand Prix Eurovision auszurichten ist nichts als eine mörderische Arbeit, bei der manche Teilnehmer später doch nur mäkelnd auf der Probebühne stehen . . . JAF
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