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Archiv-Artikel

steffen grimberg Das höchste der Gefühle

Deutschlands beliebteste Abo-Prämie ist die Armbanduhr … Pardon, der hochwertige Chronometer natürlich

Es muss Ende der Achtzigerjahre gewesen sein, als neue LeserInnen mit Tränen in den Augen Redaktion und Geschäftsstelle der Westfälischen Rundschau Dortmund-Süd stürmten, um ihre Kaffeemaschine abzuholen. Das Prämienzeitalter steckte noch in den Kinderschuhen, der „Kaffeevollautomat für acht Tassen“ in Knatschrot war schon so ziemlich das höchste der Gefühle.

Heute ist das natürlich alles anders. Stereoanlagen, Heimkinoausstattungen, selbst Kleinwagen sind heute gegen geringe Zuzahlung als Abo-Prämie zu haben. (Okay, okay, das Letzte war ein Witz!)

Doch selbst für eine so bescheidene Sache wie ein Probeabo zum Fast-Geschenkt-Preis gibt’s heute noch was dazu – und, welch Wunder, es ist fast immer eine Uhr. Living at Home, dieser „Schöner Wohnen trifft Edel Brigitte im Flor Garten“-Hybrid aus dem Hause Gruner + Jahr offeriert neben dem „Backset für italienisches Osterbrot + Rezept“ auch die „Armbanduhr Timeless“ für die Dame von Welt – und natürlich „für glanzvolle Augenblicke“. Dafür muss es dann aber schon ein Jahresabo sein. Das Manager-Magazin bietet sein Zeiteisen (Edelstahl!) plus drei Ausgaben zum Sonderpreis für 12 Euro mit dem leicht prolligen Spruch „ Mit dieser Fliegeruhr kommt Ihr Erfolg erst so richtig zur Geltung“ an. Und bei der Berliner Zeitung gibt es schon für vier Wochen zum halben Preis (8,40 Euro) die „original Kienzle“-Uhr „Square“ dazu.

Das Hauptstadtblatt scheint ohnehin auf das Traditionsunternehmen aus Villingen-Schwenningen zu stehen: „Na, auch von der Berliner Zeitung“, werde ich jedenfalls immer mal wieder wegen meiner „Kienzle Aviator“ gefragt. Dabei ist meine von der Financial Times Deutschland. (Und war mit 15 Euro für vier Wochen fast doppelt so teuer). Bei Kienzle selbst weist man übrigens Andeutungen, das Unternehmen würde ja bestimmt bald von einem Großverlag übernommen, entrüstet zurück: Zwar seien die meisten dieser Uhren Sondermodelle, einige gebe es aber auch im regulären Katalog.

Die schönste Geschichte hat aber ein Kollege erzählt: Der bekam eine Uhr als Dankeschön für ein Geo-Abonnement. Und was war hinten draufgraviert? – Max.