piwik no script img

Archiv-Artikel

steffen grimberg Wenn Gütersloh nach Peking blickt

Bertelsmann erschließt sich einen neuen Markt jenseits der Großen Mauer – und will den Chinesen Bestseller verkaufen

Wer hätte damit gerechnet: Es gibt doch noch weiße Flecken auf der medialen Weltkarte. Nun gut, nun gut, fast weiße. Die Bertelsmänner jedenfalls haben eben einen neuen Kontinent entdeckt. Er heißt – Asien.

Derzeit kommen mal gerade schlappe drei Prozent des globalen Konzernumsatzes (2003 rund 18 Milliarden Euro, ausführliche Berichterstattung siehe taz von gestern) dorther. Dass soll nun zackig anders werden.

Nun ist Bertelsmann ja Europas größter Medienkonzern, zu dem neben der RTL-Group mit ihren 25 Fernseh- und 23 Radiosendern in acht Ländern auch noch so Kleinigkeiten wie der Presseriese Gruner + Jahr (Stern, Spiegel-Anteil, Geo, Brigitte) oder das Buchverlagskonglomerat Random House gehören. Und natürlich die Buchclubs.

Sie haben Bertelsmann seit den 50er-Jahren groß gemacht. Und sie bilden auch jetzt wieder die Vorhut. 1,5 Mitglieder hat der chinesische Club-Ableger schon, ein landesweites Filialnetz ist im Aufbau. Mindestens fünf Millionen ChinesInnen sollen in den kommenden Jahren gespannt im Club-Magazin blättern und die Bestseller kaufen. „Wir sind das erste Buchhaus weltweit, das von der chinesischen Regierung die Genehmigung bekommen hat, ein landesweites Buchgeschäft aufzuziehen“, sagt Bertelsmann-Vorstandschef Gunter Thielen stolz. Noch sind die Buchpreise zwar staatlich festgelegt, gestützt und daher niedrig. Aber das dürfte die mediale Öffnung im Reich der Mitte – auch internationale TV-Produktionsunternehmen sollen künftig ins Land gelassen werden – zügig ändern. Auf dass für Bertelsmann der Yuan rollt.

Und dann wäre da ja auch noch Indien. „Indien entwickelt sich erst“, sagt Gunter Thielen, und: „Indien ist eine Demokratie. Von daher ist die Pressefreiheit gegeben.“ Exakt, Herr Thielen. – Was für China wohl noch zu beweisen wäre. Aber wo der Medienkonzern im Inland mit seiner Bertelsmann-Stiftung so viel Gutes für die medialen Freiheiten tut, kann man sich ja in Fernost auch mal den Vorgaben der Machthaber beugen, um expandieren zu dürfen. In einer Art medialem Emissionshandel, sozusagen.