steffen grimberg : Auge um Auge, Kabel um Kabel
Medienpolitik wie im Alten Testament, denn siehe: Während Clement per Klausel zu starke Konzentration der Presse vermeiden will, ist das Kabel jäh in der Hand eines Monopolisten
„Du sollst den Tag des Herrn heiligen“, so oder ähnlich steht es im Guten Buch. Von „Monopole im Geschäft mit dem Fernsehkabel zusammenraffen“ steht da nichts. Doch die Herren des Kabels haben das auf ihre Weise interpretiert, nicht ganz bibelkonform auch am Sonntag gearbeitet und die verlorenen Stämme Ish, Iesy und KabelBW wie erwartet (taz vom 1. 4.) ins Gelobte Land gebracht, das Kabel Deutschland heißt.
17 Millionen deutscher Kabel-Haushalte sind also endgültig wiedervereinigt, mit Ish, Iesy und KabelBW kommen auch die letzten nicht schon von Kabel Deutschland bedienten Bundesländer NRW (Ish), Hessen (Iesy) und Baden-Württemberg unter eine Leitung. Und das bis 1999 existierende halbstaatliche Monopol der Deutschen Telekom ist keine fünf Jahre später durch ein Privates abgelöst.
Wie gut, dass das bei der freien Presse anders ist. Doch halt: Fast freien Durchmarsch hätte es nach den bisherigen Vorstellungen des Wirtschaftsministeriums ja auch hier gegeben, mit einem neuen Passus im Kartellrecht, der „marktbeherrschende Stellungen“ unter bestimmten Bedingungen ausdrücklich sanktioniert. Das wäre zwar ein Widerspruch in sich – schließlich soll das Kartellrecht Monopole verhindern helfen und nicht auch noch ausdrücklich zulassen. Aber bekanntermaßen soll ja eigentlich auch nicht am Sonntag gearbeitet werden.
Am Wochenende wurde nun gemeldet, dass Wolfgang Clement (SPD) gewissermaßen ein brennender Dornbusch erschienen sein muss: Der Entwurf, der nach Einschätzung aller Beteiligten die großen Medienunternehmen von WAZ bis Springer gegenüber den kleineren und mittleren Verlagen bevorzugt hätte, wird überarbeitet. Keinen „Freibrief für die Konzerne“ (Süddeutsche) soll es mehr geben, sondern eine echte „Stützung der vielen mittelständischen Regionalverlage“.
Noch hat zwar niemand Clements „Generalklausel gegen Pressekonzentration“ geschaut, nicht mal von weitem wie weiland Moses Erez Israel. Man darf aber auf die Reaktion des Verlegerverbandes gespannt sein. Der hatte die ursprünglichen Vorschläge auf Druck der mächtigen Großen in seinen Reihen widerwillig gutgeheißen. Jetzt dürften Springer & Co. alles andere als zufrieden sein. Und so wird wohl wieder der alte Konflikt im Verband, in dem die kleinen und mittleren Verlage die zahlenmäßige Mehrheit und die großen das Geld haben, aufbrechen. Auge und Auge, Zahn um Zahn.