steffen grimberg : Das Risiko der Bösartigkeit
Auch ChefredakteurInnen geben zuweilen Interviews. Ob es da immer ganz konfliktfrei abgeht? Man kann ja mal fragen
taz: Frau Mika, im Verein mit acht anderen Qualitätszeitungen hat die taz das Autorisierungs-Problem öffentlich gemacht. Nun wird bei der Berliner Zeitung an kalten Winterabenden immer wieder gern die Geschichte erzählt, wie Sie die Druckmaschine anhalten ließen. Was war denn los?
Bascha Mika: Das damalige Interview sollte mir bis 15.00 Uhr zur Autorisierung vorliegen. Gekommen ist es zwei Stunden später. Als ich es dann mit entsprechender Verspätung in die Berliner Zeitung zurückschickte, hieß es: Das ist schon im Druck.
War’s denn so schlimm? Oder ging es eher ums Prinzip?
Inhaltlich waren das ein, zwei Kleinigkeiten. Vom Stil her aber schon mehr. Und ein bisschen hatte das in der Tat mit Prinzip zu tun.
Sie stehen also für das Recht auf Autorisierung. Wie veträgt sich das denn mit der „Frage-Freiheit“-Kampagne?
Problemlos. Ich lasse jedes Interview autorisieren [auch dieses, d. Red.] und habe diese Initiative immer vor dem Hintergrund gestartet, dass Autorisierungen sinnvoll sind. Die Initiative richtet sich ja zunächst an Politiker. Und die sind der Öffentlichkeit in ganz anderem Maße verpflichtet als andere Personen des öffentlichen Lebens.
Man könnte ja auch meinen, bei Medienprofis wie JournalistInnen untereinander würde das auch so klappen.
Das habe ich in meinem ersten Jahr als taz-Chefredakteurin auch versucht. Aber einige Kollegen – das muss man leider sagen – streichen Interviews aus Unfähigkeit oder Bösartigkeit so zusammen, dass man nicht nur seine eigenen Worte kaum mehr erkennt, sondern auch die Inhalte verfälscht werden. Dieses Risiko ist mir schlichtweg zu groß.
Besteht denn noch Hoffnung, dass sich das irgendwie ändern lässt?
Interviews sind heute zu oft nette, plauderige Gespräche statt ein kritisches Frage-und-Antwort-Spiel. Das ist auch ein Manko bei der Ausbildung: Junge KollegInnen an den Journalistenschulen haben oft überhaupt gar keinen Begriff mehr, welche Rechte sie als Interviewer haben und wo die Grenzen des Interviewpartners – auch eines Politikers – liegen.