standbild: „Er baut wieder!“
Eine Vision wird Wirklichkeit
(Di, 23.05 Uhr, arte)
Drei ergraute Gestalten lungern an einem weißen Flügel. Komponist Franz Hummel wirft ein paar „romantische Melodien“ auf die Tasten, Regisseur Stefan Babarino und sein Bühnenbildner Heinz Hauser geben sich entzückt: So könnte es klingen, das Leitthema des Musicals „Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies“.
„Noch 2 Jahre“ bis zur Premiere, wird dem Zuschauer eingeblendet. Spannung. Thrill. Werden sie es rechtzeitig schaffen, das Theater zu bauen, Schauspieler, Sänger, Choreografen, Musiker und Geldgeber zu organisieren? Da die Dokumentation im Anschluss an das Musical selbst gesendet wurde, weiß der Zuschauer bereits, dass alles gut gegangen sein wird.
Der Film von Franz Stephan verfolgt denn auch gewissenhaft die Genese des bizarren Prokjekts – und verliert dabei leider selbst den Boden unter den Füßen. Die Idee ist ja nicht reizlos: Auf einer künstlichen Halbinsel in Sichtweite von Neuschwanstein ein Theater zu erbauen, dem genius loci nachzuspüren: „Er baut wieder“, kommentieren etwa die Bewohner des Königswinkels den klotzigen Neubau, angelehnt an Entwürfe von Schinkel und Ludwig, eigens für die Aufführung erbaut und keiner anderen Nutzungsmöglichkeit offen. Idiotisch und überflüssig eben. Doch kein Wort darüber in der Dokumentation, auch nicht über die kommerziellen Chancen des Vorhabens im bröckelnden Musical-Markt. Stattdessen werden die Initiatoren in ein weihevolles Licht gerückt: Der genialische Komponist, der visionäre Regisseur, die mutige Architektin (Babarinos Ehefrau). Schwarz gekleidet allesamt, bunt ihr Traum.
Dass der als Dokumentation angekündigte Film indes den Traum eifrig mitträumt und als willfähriger Werbeclip für das Unternehmen daherkommt, enttäuscht nicht nur – es verärgert. Peinliche Promotion mag ganz im Sinne der Betreiber sein, sinnlos ist sie im Programm von arte.
ARNO FRANK
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