standbild: Der Neid des ZDF
Der Millionärswinkel
(Fr, 21.15 Uhr, ZDF)
Zwanzig Autobahnminuten von München, auf halbem Weg zu den greifbar nahen Alpen, dort liegt das noble Starnberg am See. Hans Albers hat hier ebenso das Zeitliche gesegnet wie Heinz Rühmann, und in den prachtvollen Villen am Ufer modet noch ganz andere Prominenz ihrem Ende entgegen.
„Der Millionärswinkel“, eine halbstündige ZDF-Reportage, beleuchtete handzahm dieses Refugium der Reichen: Schaut, hier essen sie ihren Kaiserschmarrn. Und seht, dort parken sie ihren Jaguar. Regisseurin Barbara Lueg besuchte das Tonstudio von Leslie „Dschingis Khan“ Mandoki, die ansässige Wurstfabrik und den glückliche Bauern, der sein Land in einen Golfplatz umgemünzt hat. Glückliche, verschwiegene Rentner allenthalben – wie der staatstragend ergraute Prinz von Bayern, der sich ungeniert darüber freut, dass im Yachtclub „Leute auch ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden können“: Das neureiche Pack muss gebannt werden.
Leichtfüßig spazierte das Kamera-Team also durch das verschnarchte Städtchen lieferte Bilder von der kritischen Distanz einer Bunte-Fotostrecke, die einmal mehr das ZDF-typische „Hach ja“-Gefühl einer unerreichbar heilen Welt reproduzierten.
Dass bald jeder Quadratmeter am Ufer verbaut ist, soll uns staunen machen. Dass es kaum noch öffentlichen Zugang zum Wasser gibt, soll uns Respekt einflößen. Aber haben sie nicht schöne Hüte auf, die Damen im teuersten Biergarten Bayerns? Und ist es nicht ein himmelschreiender Jammer, dass die große Regatta um einen Tag verschoben werden muss, weil das Wetter nicht mitspielt? Die verschmitzten Mienen der vom Boom profitierenden Einheimischen sind denn auch das einzig Authentische an diesem raunenden Werbeclip: Provinzielle Bauernschläue meets Open-Air-Altersheim de Luxe. „Sie haben den Starnberger See verdient, die Reichen“, kommt aus dem Off das abschließende Fazit – freilich ohne den kleinsten Funken Ironie, ganz wie diese schmierige Starnberger Seifenoper selbst. ARNO FRANK
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