standbild: Sofaträume
„TeenStar“, Folge 1 (Sonntag, 20.15 Uhr, RTL 2)
Laura steht im Wohnzimmer, massiv umrahmt von Polstermöbeln und schweren Gardinen. Bauchfrei auf Britney Spears geschminkt, presst die 13-Jährige ein völlig übersteuertes „From Sarah with love“ ins Mikro. Was aussieht wie die samstagabendliche Generalprobe für die Dorfdisko, ist das Bewerbungsvideo für die neue RTL-2-Show „TeenStar“.
Nach den beiden „PopStar“-Staffeln, aus denen die L’Oreal-Band „No Angels“ und die rappigeren „Bro’sis“ hervorgegangen sind, erfüllt RTL 2 nun zum dritten Mal den uralten Menschheitstraum, entdeckt zu werden. Wie schon die beiden ersten Staffeln folgt auch Teenstar dem bekannten „A Chorus Line“-Muster. Statt Blut, Schweiß und Tränen jedoch hat das Ganze den Charme der hauseigenen Mini-Playback-Show gemischt mit einer Tupper-Party im Wohnzimmer.
Jasmin Wagner, die ja ihr eigenes Teenstar-Alter-Ego Blümchen unlängst abgelegt hat, moderiert so angestrengt fröhlich, als ob auch sie vor dem Kleiderschrankspiegel probt. Die besorgten Eltern begleiten ihre Kinder zum Casting und sitzen mit feuchten Augen nebenan auf der Wohnzimmercouch (Screening-room), wo sie auf einem Monitor dem Höhepunkt im Leben ihres Sprösslings beiwohnen. Richter über Sein oder Nichtsein sind die „Teenstar-Experten“, drei junge Männer, die im Musikgeschäft beheimatet sind und alle irgendwie wie Erkan und Stefan aussehen.
Vor deren Chefsesseln rattern auf einer Minibühne die Jungs (schwarz gegelte Haare) und Mädchen (Baskenkappe) ihr Programm nach der universell gültigen MTV-Choreografie herunter: Celine Dion (Hand aufs Herz), Sarah Connor (verführerischer Schmollmund), NSYNC (rhythmischer Zeigefinger). Danach Tränen. In Zeitlupe und unterlegt mit Enrique Iglesias.
„Extrem spannend“, findet Markus Schultze, MTV-VJ und selber Musiker. Doch die schnellen Schnitte sind völlig unmotiviert, Zeitlupe und Zeitraffer täuschen Action und Emotion vor, wo nur mechanisch abgespult wird. Beinahe schon trostlos, wie die Sendung zwischen Massivsofa und Chefsessel genau die Fantasien vom Popstar zerstört, auf denen sie aufbaut.
ANNETTE KLINKHARDT
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