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Archiv-Artikel

st. pauli paradox Traum vom Aufstieg ohne Geld

Von FOG

HAMBURG taz ■ Von Besinnlichkeit konnte beim FC St. Pauli nicht die Rede sein. Besinnungslosigkeit wäre eine treffendere Zustandsbeschreibung dessen, was auf der Jahreshauptversammlung an finanziellen Visionen dargelegt wurde. Wie die taz schon seit Wochen berichtet, werden die Kassen des jüngst geretteten Vereins zum Ablauf der laufenden Saison 2003/2004 erneut ein Minus in Millionenhöhe aufweisen sowie die Zahlungsunfähigkeit drohen. Dies soll mit Kunstaktionen, Spielerverkäufen und anderen Einsparungen verhindert werden.

Den Abteilungen des Vereins, die Liquiditätslücken durch Darlehen an den Verein überbrücken mussten, soll das geliehene Geld zurückgezahlt werden, um den Status der Gemeinnützigkeit nicht zu verlieren. Wie es angesichts des hohen Zuschauerschnitts von 17.474 Fans zu solchen Engpässen kommen konnte, erklärte Littmann mit den Kosten des Lizenzspielerkaders. „Mit 17 Punktspielen nehmen wir circa 2,5 Millionen Euro ein, das kostet beinahe die gesamte erste Mannschaft mit 2,2 Millionen Euro.“ Darin sind der Betrieb der Trainingsanlage Kollaustraße, sowie die Gehaltsfortzahlung an den Ex-Manager Stephan Beutel, sowie der Transfer des Spielers Nascimento laut Littmann nicht enthalten. Dabei gestand er selbstkritisch ein, dass die finanzielle Schwerpunktsetzung zu Gunsten des Teams von Trainer Franz Gerber „streitbar und diskutabel“ sei. Trotz dieser Einschätzung soll in der nächsten Saison 2004/2005 der Aufstieg in die zweite Liga angepeilt werden. In der Hoffnung, dass ein günstigeres Team durch Einsparungen mancher Verträge mit Zweitligakonditionen ebenso schlagkräftig sein könnte.

Angesichts der schwierigen finanziellen Lage empfohlen die Kassenprüfer dem Aufsichtsrat keines der im vergangenen Geschäftsjahr tätigen drei (!) Präsidien zu entlasten. Der Aufsichtsrat entsprach dieser Empfehlung überraschend nicht, sondern empfahl den 625 anwesenden Mitgliedern nur das „alte“ Präsidium um Reenald Koch, Stephan Beutel und Christian Pothe nicht zu entlasten. Daran hielten sich die Mitglieder, entlasteten aber auch das „Interimspräsidium“ um Corny Littmann, Christian Pothe und Stephan Beutel nicht.

Der angekündigte Rücktritt von Vizepräsident Gunther Preussker verkam so zu einer Randerscheinung. Gemeinsam mit dem Aufsichtsrat wird Littmann (“Ich bin nicht nur Präsident des FC St. Pauli, ich bleibe es auch“) nun einen oder gar zwei Nachfolger für das „Ehren“amt vorschlagen. FOG