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Archiv-Artikel

soundtrack

Viele glauben ja, dass die Revolution ihre Kinder fräße – und vergessen dabei, dass eigentlich die Kinder die Reaktion verspeisen. Mit Haut und Haaren, wie es die Texaner Midlake demonstrieren. Die reanimieren nicht nur den überzuckerten, nah an den Kitsch gebauten Folk-Rock, den „Crosby, Stills & Nash“ in den 70ern zur Hymne der reaktionären Vorstädte machten. Nein, sie überführen ihn auch in etwas durch und durch Großartiges. Etwas, das weder klebt noch säuselt, obwohl es Streicher und Harmoniegesänge kennt. Und etwas, von dem man sehr gespannt sein darf, wie es auch auf der Bühne funktioniert.

Auch ob – und wenn ja wie lange – Evan Dando auf der Bühne funktioniert, ist eine interessante Frage. Der frühere College-Rock-Posterboy, der mit den Lemonheads ein paar der mitsingfreudigsten Poppunk-Hymnen jenseits der „Buzzcocks“ schrieb („Two Weeks In Another Town“, anyone?) glänzte zuletzt nicht mit einem aufgeräumten Erscheinungsbild. Kohärenz kommt eben weder von Koks noch von Crack. Jetzt – so hört man – ernährt sich Dando wieder gesünder und nahm auch gleich eine sehr hübsche Power-Pop-Platte auf.

So weit wie Harburg von Rahlstedt ist Power-Pop entfernt von der Musik des Hamburgers Kevin Hamann: Dazwischen liegen Welten. Als ClickClickDecker spielt Hamann zwar Pop, kümmert sich dabei aber wenig um Power. Eher um die rechte Ausleuchtung des eigenen Innenlebens, und wie es in Worte zu fassen ist. Diese klingen schroff und direkt, aber deswegen nicht weniger treffend. Nett ist ja schon die Musik dahinter: ein paar Streicher, wattiertes Schlagzeug und sonst hauptsächlich Akustikgitarre.

Nur graduell lauter geht es bei Shearwater zu. Das fünfköpfige „Okkervil River“-Nebenprojekt spielt einen kargen Indie-Folk-Pop, der nie vor Wut zum Rock anschwillt, sondern immer nur aus lauter Wehmut. Ein bisschen hätten so die „Feelies“ geklungen, wenn man ihnen ihre „Byrds“-Platten geklaut hätte. GREGOR KESSLERMidlake: 27. 10., 21 Uhr, Uebel & GefährlichLemonheads: 28. 10., 21 Uhr, MarkthalleClickClickDecker: 29. 10., 21 Uhr, Uebel & GefährlichShearwater: 31. 10., 21 Uhr, Kulturhaus 73