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Archiv-Artikel

sinnvolle ehrung Biermann ist cool

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Im rot-roten Senat geht ein Gespenst um, das Gespenst eines Lebenden – Wolf Biermann. „Würde ich Ehrenbürger von Berlin werden“, spukt das Gespenst in den Kammern des Roten Rathauses, „könnt ich den ganzen Klimbim im rechten Moment hinschmeißen und dem Regierenden und den mitregierenden Postkommunisten ordentlich die Meinung singen. Dann hätt ich das Meine und der Senat das Seine.“ Tusch.

Wolf Biermann sorgt auch mit 70 noch für Ärger, und manchmal fragt man sich, ob sich die Geschichte nicht wiederholt – als rot-rotes Farcelein. Natürlich war es der CDU-Politiker Lehmann-Brauns, der den Antrag einbrachte, den 1976 aus der DDR ausgebürgerten Liedermacher zum Ehrenbürger der Stadt Berlin zu machen. Natürlich hat die CDU zuerst die Medien unterrichtet und nicht den zu Ehrenden. Natürlich ist das alles auch Parteipolitik. Natürlich würden sich die CDU und die anderen Oppositionsparteien im Abgeordnetenhaus die Hände reiben, wenn Biermann Wowereit im Regen stehen ließe.

Genauso natürlich aber könnte man sagen: Na und! Sei’s drum! Das machen wir!

Gründe dafür gibt es genügend. Der vielleicht wichtigste: Mit Biermanns Ausbürgerung während des Köln-Konzerts brachte die SED-Führung die Intellektuellen und Widerspenstigen im Lande nicht zum Schweigen. Vielmehr zwang sie sie zum Bekenntnis – für oder gegen Biermann, für oder gegen die Freiheit des Wortes und der Kunst. Die Denkschneise, die Biermann und die protestierende DDR-Intelligenz geschlagen haben, reichte bis ins Jahr 1989. Oder, mit den Worten von Manfred Krug formuliert: Biermann war der Haken, an dem sich die DDR aufgehängt hat.

„Ja, aber“, heißt es spätestens an dieser Stelle. Aber ist nicht der Biermann-Mythos wichtiger als der Biermann? Aber was war mit dem Golfkrieg von 1991? Aber was ist mit dem Eintreten für die Invasion George W. Bushs im Irak? „Ja, aber“, so spukt das Gespenst weiter, bis die Chance vertan ist.

Warum nicht stattdessen: Aber ja! Warum nicht einen ehren, der aneckte und aneckt, hier wie dort. Gegen den Strom zu schwimmen scheint so einfach heute. Was für ein Irrtum. UWE RADA