piwik no script img

senat gegen rechtsDem Konsens hinterhergetrabt

Nimmt sich erst Eberhard Diepgen eines Themas an, kann nichts mehr schief gehen. Sieht man vom Streit ums Holocaust-Mahnmal ab, hat sich der Bürgermeister schon lange nicht mehr an einem heißen Eisen die Finger verbrannt. Das Schmieden überlässt er anderen – ist das Objekt in Form gebracht, tritt er mit dem Meisterstück an die Öffentlichkeit.

Kommentarvon RALPH BOLLMANN

Nicht anders verfuhr Diepgen mit dem Runden Tisch zur rechten Gewalt. Lange hatte er gezögert, sich daran überhaupt zu beteiligen – doch am Ende hat er das Thema selbst zur Chefsache gemacht. Kein Wunder: Nachdem die Republik darüber einen Sommer lang diskutiert hatte, waren mögliche Minenfelder geräumt. Der Rathauschef konnte auf dem bequemen Trampelpfad des gesellschaftlichen Konsenses ins Ziel laufen.

So enthält das Zehnpunkteprogramm des Senats vor allem eines: nichts Neues. Dass er den „Kontrolldruck“ gegen die rechte Szene verstärken will, hat Innensenator Werthebach längst angekündigt. Dass die Justiz einschlägige Gewalttaten „mit Nachdruck“ verfolgen soll, ist so windelweich formuliert, dass man Diepgen – im Nebenberuf Justizsenator – politische Einflussnahme nicht vorwerfen kann. Und dass die Staatsanwaltschaft nun auch in Berlin das Internet beobachten soll, ist schlicht unsinnig: Schließlich sind die braunen Websites längst auf amerikanischen Servern gespeichert.

Bei so viel Repression haben die Koalitionäre natürlich auch die Prävention nicht vergessen. Das entspricht auf wundersame Weise dem Parteienproporz: Neben dem CDU-Innensenator darf sich auch der SPD-Jugendsenator ins antirechte Licht rücken. Aber genau das ist ja der Fortschritt dieses Sommers: dass sich auch CDU-Politiker, die das Thema bislang aus Angst um Wählerstimmen mieden, mit dem Kampf gegen rechte Gewalt profilieren können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen