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Archiv-Artikel

schurians runde welten stimmen zum spiel

„Da ist ja wieder richtig Leben auf dem Platz.“ (Manfred Rummel, Präsident von Zweitligaschlusslicht Rot Weiß Oberhausen)

Fußball ist weit mehr als ein Eins zu Null – zum Beispiel ein 4:2 in Kiew. Aber zum Glück können nicht nur Politiker von der Hemdsärmeligkeit der Fußballer profitieren – es geht auch umgekehrt. Wie Minister in der Wahlnacht legen Fußballer dann Ergebnisse aus, dass man vergisst, was oben oder unten ist. Wenigstens dabei liegt Leverkusen weit vorn: Nach Führung kassiert das Team noch drei Tore in der Ukraine und verlegt sich danach wie Landespolitiker nach ernüchternden Kommunalwahlzahlen auf kernige Erfolgsparolen. „Bei diesem Spiel stelle ich den Spielverlauf über das Ergebnis, die Mannschaft war nicht wieder zu erkennen. Das war richtig gut“, schönschwätzt die Blamage etwa Bayer-Manager Wolfgang Holzhäuser. Ist Holzhäuser etwa in der SPD? Und auch Trainer Klaus Augenthaler, noch weniger im Verdacht ein Polit-Roter zu sein, pickt sich Rosinen aus dem Schlamassel: „Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können.“

Wahrscheinlich ist der Fußball endgültig in der Mediendemokratie angekommen – in der Wahlergebnisse wie Kaffeesatz auseinander gefummelt werden, um sich bloß nicht dreckig zu machen. Dazu werden sinnverneinende Kernsätze gebildet, die sich George Orwell nicht besser ausgedacht haben könnte.

Der Grund für diese Hirnverrenkungen liegt auf der Hand: Wer einmal verliert, gilt als angeschlagen in der nächsten Entscheidung. Und was Politiker nur alle Jubeljahre verbal zurecht biegen müssen, gehört zum Wochengeschäft der Fußballprofis. Bei den mündlichen Absonderungen geht es nicht nur ums Starkreden, sie sind Teil eines Strategiespiels aus der psychologischen Trickkiste.

3.10. Bielefeld – Stuttgart

Natürlich geht das auch umgekehrt: Weil es Bielefeld unverhofft nach oben gespült hat in der Tabelle, die zum Glück nichts weiter als Punkte und Tore zählt, will der Aufsteiger den Ball ganz flach halten vorm Spiel gegen das Spitzenteam Stuttgart – und deshalb verneint Bielefelds Mittelfeldrenner Detlef Dammeier einfach die Leitwährung des Ligabetriebs: „Die Tabelle hat keine Aussagekraft“.

Ich glaube Peter Handke war der erste, der die Wenn-dann-Beziehungen auf dem Fußballfeld am Beispiel eines Elfmeterduells beschrieben hat, das sich gedanklich ins Unendliche verästeln kann, bis der Schütze den Ball einfach in die Hände des Torwarts schießt, weil das der Keeper am wenigsten erwartet. Bielefeld spielt gegen Stuttgart also auf Sieg.

3.10. Schalke – Bochum

Das letzte Zitat stammt vom neuen Schalke-Coach Ralf Rangnick – auch er ein Gesundbeter vor dem Herren: „Ich freue mich auf den täglichen Austausch mit so fußballkompetenten Leuten wie Assauer.“ CHRISTOPH SCHURIAN