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Archiv-Artikel

schurians runde welten Notbremse für Deutschland

„Das ist genau das, wovor man in der Welt Bammel hat: dass die Deutschen plötzlich den Schalter umlegen. Das ist uns gegeben.“ (Jürgen Klinsmann)

Zumindest im spanischen Marbella muss der Welt nicht bange sein. Bei der so genannten „Freistoß-Weltmeisterschaft“, die am Abend zu Ende ging, war kein bundesdeutscher Kunstschütze am Start. Die Welt blieb unter sich beim Treffen der Distanzkicker, die dann aus 18, 21 und 25 Metern versuchten, Mauer und Torwart zu überwinden.

Immerhin vertraten zwei Profis aus nordrhein-westfälischen Fußballclubs die Ehre der Bundesligen: Für den FC Köln versuchte es Vasileios Tsiartas, für Arminia Bielefeld trat Hinrunden-Torjäger Delron Buckley gegen das Kunstleder. Bei ruhenden Bälle konnten sich die beiden in der Hinrunde indes kaum auszeichnen. Und ob sie oder doch der weitaus prominentere Konkurrent Zinedine Zidane im spanischen Freekick-Turnier den Edelschlitten absahnten, entschied sich erst im gestrigen Finale nach 21.30 Uhr.

Um der Welt zu zeigen, wie Deutschland den Schalter umlegt, empfehlen sich für Klinsmann und den DFB ohnehin ganz andere Wettbewerbe. Zum Beispiel eine Notbremsen-Weltmeisterschaft: Zwangsverpflichtete Nachwuchsspieler müssen dabei mit Ball Richtung gegnerisches Tor dribbeln, die angereisten Wettbewerber versuchen die Testläufer noch vor der Strafraumgrenze zu Fall bringen. Christan Wörns und Jens Nowotny würden sich berechtigte Hoffnungen auf den Titel machen können– ein passender Austragungsort wäre sicherlich die Krefelder Grotenburg-Kampfbahn. Vielleicht könnte ein solches Unternehmen auch Teil der „World Games 2005“ werden, die ja im kommenden Sommer das westliche Ruhrgebiet rund um Duisburg begeistern sollen.

Denn auch bei den Weltspielen der nichtolympischen Sportarten gibt es seltsame Wettbewerbe – etwa das Casting, bei dem Angler versuchen, mit ihrer Rute bestimmte Ziele zu treffen. Einige Wasserrandsportler sind mittlerweile so geschickt darin, dass Fische nicht mehr beißen müssen, sondern von ihnen auf 120 Meter milimetergenau von dem heransausenden Bleigewicht erschlagen werden. Bei der Medaillenvergabe in diesem Präzisionssport reden die Bundesdeutschen natürlich ein gewichtiges Wörtchen mit.

Erstaunlich unerfolgreich blieben bundesdeutsche Athleten übrigens bislang im als Trendsport geltenden Wettbewerb der „Lebensrettung“. Trotz heimischer DLRG dominiert Australien die Sportart, die auf Hallenbahnen ausgeschwommen wird. Die Lebensretter halten einen menschenschweren Dummy in den Armen und bewegen sich mit Beinschlägen durchs Wasser, versuchen schneller zu sein als die Mitbewerber. Kurios: Die Rettungsschwimmer vollführen auch Wenden; eigentlich ist am Ufer ihr Job beendet. CHRISTOPH SCHURIAN