schurians runde welten : Der Terrier in mir
„Man muss in die Jugend investieren, sonst bekommt man Probleme in der Zukunft.“ (Berti Vogts)
Wenn es schneit, denke ich gerne an meinen Vater und unsere Vorliebe für den Winter. Bestimmt rührt die auch daher, dass wir an einem Wintertag gemeinsam unseren Geburtstag feiern. Ein englischer Wissenschaftler fand dazu heraus, dass ausgerechnet der geteilte Ehrentag den Höhepunkt der allgemeinen Winterdepression markieren würde, die durch mangelndes UV-Licht und die Spätfolgen des Weihnachtsfestes hervor gerufen wird. Nicht nur die Bewohner der nördlichen Länder würden dieses Stimmungstief gerne mit Alkohol ertränken. Und hier trennen sich die Wege zwischen mir und meinem Vater schon wieder: Eine chronische Migräne ließ aus ihm einen Abstinenzler werden.
Auch in Sachen Fußball ist mein Vater eher enthaltsam. Er ist wohl der einzige bundesdeutsche Siebzigjährige, der keine Geschichte parat hält, unter welchen Umständen er 1954 das Finale von Bern verfolgte. Er stellte sich lieber für den Boxer Cassius Clay den Wecker. Verehrte den Riesen-Torläufer Ingmar Stenmark in seiner Bommelmütze und die Reportagen von Harry Valerien. Auch seine eigene Sportlegenden spielen in den Bergen.
Kurz vor dem Mont-Blanc-Gipfel musste er im Höhenrausch leider in einer Schutzhütte ausharren. Entkam einer Gletscherspalte. Fiel so schwer in ein trockenes Bachbett, dass sich die Familie an einem prächtigen Hämatom auf seinem Hintern freuen durfte.
Fußballspielen sah ich meinen Vater nur einmal – trotz vernagelter Beinknochen führte der Küster die Gemeindeauswahl an. Mein Vater spielte Linksverteidiger, versuchte dem einzigen Kicker nachzueifern, den er gern mochte: Berti Vogts sei ein „Terrier“, sagte er zu mir, und stürzte sich auf seinen Gegenspieler.
29.1. Dortmund – Gladbach
Die Fußballterrier sind ausgestorben. Es dominieren großrahmige Abwehrorganisatoren. Dortmunds genesener Christoph Metzelder gilt nicht nur der Fachwelt als Vorbild – auch dem Papst. Nach einer Privataudienz will es nun auch Metze‘ dem Vater nachtun: „Ich habe den Papst als einen Menschen erlebt, der durch seine Persönlichkeit beeindruckt und eine große spirituelle Ausstrahlung besitzt.“ Das kenne ich. CHRISTOPH SCHURIAN