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Archiv-Artikel

schulreform Die neue Schule braucht eine Lobby

Berlin wird eine fundamentale Reform seines Bildungssystems erleben. Haupt-, Real- und Gesamtschulen werden zugunsten einer neuen Schulform abgeschafft, die der Bildungssenator Sekundarschule getauft hat: Eine ungeschickte Namenswahl, gerade weil sie sehr gut beschreibt, was die neue Schule jetzt schon zu werden droht: zweite Wahl.

KOMMENTAR VON ALKE WIERTH

Da soll eine neue Schulform entstehen, die besser fördern soll als die alten, die mehr Kinder zu besseren Abschlüssen führen soll, die vor allem auch denen, die bislang auf Hauptschulen strandeten, immerhin die Perspektive Abitur anbieten sollen. Da gäbe es ganz viel zu klären: Wie groß etwa dürfen die Klassen an solchen Schulen sein? Wie kann die innere Struktur einer solchen Schule sinnvoll aussehen: Werden etwa wie bislang in Gesamtschulen Kinder nach ihren bisherigen Leistungen auf verschiedene Klassen oder Kurse verteilt? Oder nach skandinavischem Modell gemeinsam unterrichtet und individuell gefördert? Und: Wie geht das?

Doch diese Aspekte der Schulreform werden bislang erstaunlich wenig diskutiert. Etwas anderes steht stattdessen im Mittelpunkt: das Gymnasium. Wie werden seine Zugangsregeln aussehen, was wird sich ändern, wenn das Gymnasium schlechte SchülerInnen nicht mehr einfach rausschmeißen darf?

Dahinter steckt die Angst einer selbst ernannten Elite um ihren Status. Jetzt gibt’s nur noch zwei Schulen – das heißt für viele: Mein Kind muss aufs Gymnasium. Dass damit das Schicksal der Sekundarschule als „Zweite-Wahl-Schule“ besiegelt werden könnte, ohne dass sie je Gelegenheit hatte, sich zu beweisen, hieße, eine echte Chance zu vertun. Die Chance, der zunehmenden Segregation unserer Gesellschaft Einhalt zu gebieten und so für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.