schnittplatz: Die Welt in Bild
Wen immer man fragt, er liest Bild nur wegen des Sports, wegen der Information. Natürlich nur deswegen. Gerade jetzt, in den hochaufregenden Weltmeisterschaftszeiten, läuft der so gelobte Sportteil wieder zu Hochform auf. Da erklärt uns lächelnd Aa-Yung, warum die Koreaner die Deutschen lieben („viele Koreaner können Gedichte von Goethe auswendig“), werden Mannschaftsaufstellungen eifrig diskutiert („Rudi bastelt dran“) und Hotelzimmer beschrieben.
Am schönsten aber ist es, wenn Bild sich mit den Gegnern unsrer Jungs beschäftigt und uns sagt, was wir wissen müssen. Zum Beispiel die Mannschaft aus Paraguay, die wir am Samstag „zum Frühstück vernaschen“ werden. Paraguay selbst liegt in Südamerika, erfahren wir hier im farblich abgehobenen Kasten. Hauptstadt, Einwohnerzahl, wichtige Fußballclubs – da kann man wirklich noch was lernen.
Und es wird noch interessanter: Viele Paraguayer sprechen nicht nur Spanisch und den „Eingeborenendialekt Guaraní“, nein, die sprechen tatsächlich auch Deutsch. Denn: „In den 40er-Jahren sind viele Deutsche in Paraguay eingewandert. Noch heute leben ca. 10.000 Deutsche in Paraguay.“ So, so. Welch harmloser Satz. War da was – in den wilden 40er-Jahren in Deutschland? Und Bild weiß noch mehr: „Bis 1989 hatte Paraguay sogar noch einen deutschen Staatspräsidenten – Don Alfredo Strössner (89)“.
Es schlackern einem die Ohren bei so viel Unschuld. Wenn zufällig deutschstämmige Diktatoren zu hehren Präsidenten erklärt werden und die 40er-Jahre zur Hauptreisezeit fried- und heimatliebender Deutscher. Aber wir machen mit, wer wird denn die Welt immer nur negativ sehen wollen. Wir schlagen deshalb folgende Sätze für die kommenden Mannschaften vor: Auch die Spanier hatten in 30er-Jahren einige kleinere Auseinandersetzungen über die politische Ausrichtung ihres Landes. Oder: In Irland streiten sich Christen nur manchmal. Italien? Land mit dem medienfreundlichen Premierminister. Noch besser: Die Japaner hatten in den 40er-Jahren das Glück, der ganzen Welt beweisen zu können, dass Atomwaffen keinen Spaß machen.
Ach ja, und einen Satz, den hätten wir fast vergessen: dass Bild bildet. SUSANNE AMANN
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