piwik no script img

schnittplatzThe Man Who Wasn’t There

Wäre Thomas Middelhoff noch der Boss von Bertelsmann, hätte er endlich mal eine Rede vor der britischen Fernsehelite gehalten: Die „Worldview Address“ anlässlich des renommierten „International Television Festival“, dass hätte dem bekennenden Anglizismen-Freund garantiert gefallen. Keine Frage, dass er mit ein paar flotten Powerpoint-Charts einmal mehr seine weltumspannende Strategie präsentiert hätte. Und ganz sicher hätte er den Murdoch-geplagten Briten zugerufen: „Hey guys! I’m not Rupert, I’m Thomas with a ‚T‘ – like in: Trust me!“

Doch irgendwie waren die Befürchtungen ja berechtigt, der deutsche Konzern wolle sich aggressiv auf dem britischen Markt breit machen: nach der Übernahme der Produktionsfirma Pearson TV und dem schleichenden Erfolg des Kanals Channel 5, an dem die Bertelsmann-Tochter RTL die Mehrheit hält. Middelhoff hatte eben bemerkt, dass es in Großbritannien möglich ist, mit dreimal weniger Geld und Personal dreimal bessere TV-Programme als anderswo zu produzieren.

Doch niemand, nicht einmal die Financial Times, ahnte im Frühjahr, dass Bertelsmann bis Ende 2002 wegen deutlich höherer Schulden kaum größere Akquisitionssprünge machen kann.

Und schon gar keiner konnte sich im Juni, als die Festival-Einladungen gedruckt wurden, vorstellen, dass man einen Monat später Middelhoffs Nachfolger einladen musste. Aber Gunther Thielen, auf der Insel als „Bibelexperte“ verschrieen, sagte ab.

Wer ironischerweise kam, war Lord Puttnam, der die Briten unaufhörlich vor ausländischen Medieninvestoren warnt. Und Puttnam, versierter TV- und Filmproduzent, der jahrelang mit US-Medienunternehmen gearbeitet hat und weiß, „dass es denen nur darum geht, Profite zu machen, erklärte klar, was er sich wünscht: Einen „Pluralismus-Check“ für Investoren. Sie sollen sich verpflichten, „im Dienst der britischen Öffentlichkeit“ zu handeln. Dass Middelhoff das jederzeit getan hätte, daran hat Puttnam zumindest jetzt keinen keinen Zweifel mehr: „He is a European. I trust him“ – schöner hätte das auch Middelhoff nicht formuliert.PETER LITTGER

Der Autor ist Medienredakteur der Zeit

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen