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Archiv-Artikel

schlosshotel Falsche Fährte

Eines muss man der Arbeitsgruppe „Schlossareal“ lassen. Sie hat mit Hilfe des Bundesbauministeriums die Schlosskopie auf ihr eigentliches Wesen heruntergerechnet. Fazit: Hinter der historischen Fassade aus Neobarock bleibt kein Raum für feudale Größe angesichts des geplanten Flächenbedarfs der Museen und Bibliotheken. Bei nur 2,20 Meter Deckenhöhe stoßen sich nicht nur holländische Touristen die Köpfe. Bei derartiger inneren Verelendung eines Schlossbaus stößt jede Rekonstruktionsbegründung an ihre Grenzen.

Kommentarvon ROLF LAUTENSCHLÄGER

Die Aufklärung über die wahren Zustände hinter den anvisierten Schlossmauern nutzt die Arbeitsgruppe aber zur Maßgabe, mangels öffentlicher Mittel, die Chose gleich ausschließlich rentabler Verwertung anzutragen. Das bedeutet nicht allein, die Vorschläge der Expertenkommission zur vorwiegend kulturellen wie öffentlichen Nutzung des Ortes in den Wind zu schlagen. Es setzt auch den Common Sense – jenseits aller Debatten, ob Schloss oder moderner Neubau – außer Kraft, die Mitte von Stadt und Staat ihrem eigentlichen Besitzer, dem Volk, zu reservieren – und zwar öffentlich, frei und nicht kommerzialisiert. Es ist doch der Gipfel, auf dem Schlossplatz internationale Hotelketten plus Büros und Läden zu versammeln. Dann lieber gleich ein Wiederaufbau des Palastes der Republik!

Doch Spaß beiseite. Es ist naiv und pikant zugleich, an ein Konzept der stufenweisen Rekultivierung über 30 Jahre zu denken. Eine solche Position verschließt – und öffnet nicht – Optionen. Alles offen lassen dagegen die Zwischennutzung des Palastes und sogar grüne Denkpausen.