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Archiv-Artikel

schall und rauch von RALF SOTSCHECK

Ich werde ein paar Handwerkskurse belegen müssen. Die irische Regierung hat am Donnerstag das neue Anti-Raucher-Gesetz verabschiedet. Es ist noch drakonischer, als man befürchtet hatte. Demnach werden nicht nur alle öffentlichen Gebäude, also auch Wirtshäuser und Restaurants, zu kompletten Nichtraucherzonen, sondern auch die eigenen vier Wände, wenn man einen Handwerker im Haus hat.

Tapeziert der Maler einem das Wohnzimmer, dann ist das solange sein Arbeitsplatz, bis er fertig ist. Und am Arbeitsplatz herrscht nun mal Rauchverbot. Es macht keinen Unterschied, ob der Maler Kettenraucher ist. Er muss genauso wie der Auftraggeber vor die Tür gehen, wenn er sich eine Kippe anzünden will.

Was ist, wenn der Briefträger mit einem Einschreiben kommt? Künftig muss man ihn wohl im Regen stehen lassen, bis man unterschrieben hat, denn bittet man ihn kurz hinein, wird die Wohnung zu seinem Arbeitsplatz. Ganz zu schweigen von dem Beamten, der den Stromzähler abliest – er könnte einen verklagen, wenn man zuvor nicht wenigstens ein Stündchen gelüftet hat. Ich werde künftig ein Digitalfoto vom Zähler machen und es ihm durch das Fenster reichen. Im Grunde darf man nicht mal mehr den Nachbarn bitten, gegen ein paar Freigetränke beim Zusammenbauen des Ikea-Regals zu helfen, da man bei den kryptischen Bauanleitungen aus Verzweiflung automatisch zur Kippe greift.

Wenigstens hat die Regierung einen kleinen Aufschub gewährt: Das Gesetz tritt nicht wie angekündigt am 1. Januar, sondern erst dreieinhalb Wochen später in Kraft. Noch verhandeln die Politiker, ob es Ausnahmeregelungen für Gefängnisse und geschlossene psychiatrische Anstalten geben soll. Dort herrschen schließlich „ganz besondere Umstände“, räumte Gesundheitsminister Micheál Martin ein. Deshalb müsse man „separate Maßnahmen ergreifen, um diese Umstände zu berücksichtigen“. Die Kneipiers, die enorme Umsatzeinbußen erwarten, finden Sonderregelungen ungerecht und wollen klagen. Sie rechnen mit einer Lawine von Beschwerden der Anwohner wegen Lärmbelästigung, wenn die Gäste alle paar Minuten auf die Straße gehen. Der Begriff „Schall und Rauch“ bekommt eine völlig neue Bedeutung. Aber vielleicht können die Gefängnisinsassen ja eine vorübergehende Entlassung –für eine Zigarettenlänge – beantragen und ebenfalls vor die Knasttür treten, um zu rauchen.

Für Krankenhauspatienten wird es jedoch keine Ausnahme geben, selbst wenn sie bis zum Hals eingegipst sind und nicht vor die Tür gehen können. Die Raucherzimmer werden ab 26. Januar abgeschafft, was allerdings kein großer Verlust ist, denn man hatte auch in der Vergangenheit alles unternommen, um den Rauchern das Vergnügen zu vergällen. Im Dubliner Beaumont-Krankenhaus zum Beispiel, wo ich neulich meine Freundin Anne besuchte, besteht das Raucherzimmer aus einer Besenkammer, in die man zwei zerschlissene Sitze und einen Aschenbecher hineingezwängt hat. Seit zwanzig Jahren ist dort nicht mehr sauber gemacht worden, die Fenster sind mit einer dicken Nikotinschicht bedeckt. Da ist es selbst im Knast gemütlicher – vor allem, wenn man dort weiterhin rauchen darf.