salzmanns roman: Sie und er und ich
Sasha Marianna Salzmann kommt vom Theater. Seit einigen Jahren leitet die Dramatikerin das Studio R des Maxim Gorki Theaters in Berlin. Geboren wurde sie 1985 in Wolgograd, 1995 emigrierte sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Eine jüdische Familie, die nach Deutschland kommt, steht auch im Zentrum ihres Debütromans „Außer sich“.
Als ironischen Verweis auf ihre Tätigkeit als Theaterautorin platziert Salzmann an den Anfang der Geschichte die Liste der Handelnden. Ganz oben steht Anton, der als Einziger nicht weiter charakterisiert wird, als zweite Protagonistin wird Alissa genannt: „Schwester, Bruder, ich“. Durch den Roman zieht sich die Frage, wer Alissa und wer Anton ist, der als Alis Zwillingsbruder eingeführt wird. Bald fragt man sich, ob Ali und Anton zwei verschiedene Personen sind.
Der Titel beziehe sich auf ein Zitat von Judith Butler, sagt Salzmann: Wenn Butler von einem „Wir“ spreche, spreche sie zu denjenigen, die außer sich leben, sei es in sexueller Leidenschaft, emotionaler Trauer oder politischem Zorn.
Schauplatz der Handlung sind die Bars und Clubs der queeren Szene Istanbuls, aber auch all jene Orte in der Sowjetunion, an denen sich die Familiengeschichte Alis abgespielt hat. So spielt dieser Roman im Hier und Jetzt und zugleich in einer Vergangenheit, die weit zurückreicht: „Die Zeit ist also ein Heute, von vor hundert Jahren bis jetzt.“
Jede Figur behandelt Salzmann mit derselben Sorgfalt von innen her. Und je nachdem, wem der Text gerade folgt, verwandelt dieser sich seinen Figuren an. Herrscht in vielen Passagen der Familiengeschichte ein eher nüchterner Ton, gesetzt von kurzen Sätzen, nimmt die Erzählung in den Passagen, die von Alis Reise zu sich selbst handeln, manchmal rauschhafte Züge an, springt zwischen Orten und Zeiten, zwischen „sie“ und „er“ und „ich“. Es macht Freude, ihr zu folgen.
Ulrich Gutmair
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