religionsunterricht : Lieber gleich ganz streichen
Die beiden christlichen Kirchen demonstrieren heute gegen Kürzungen beim Religionsunterricht. Aus ihrer Sicht ist das verständlich, doch teilen kann man ihr Anliegen nicht. Denn erstens wird derzeit in Berlin fast überall gespart – dass dabei ausgerechnet der kirchliche Religionsunterricht ausgenommen werden sollte, überzeugt nicht. Zweitens – und viel wichtiger: Das Land bezahlt noch immer 90 Prozent der Personalkosten für einen Unterricht, auf dessen Inhalte es kaum Einfluss hat und der für die SchülerInnen freiwillig ist. Einsichtig ist das nicht.
Kommentar von SABINE AM ORDE
Sinnvoller wäre es, den Religionsunterricht gleich ganz zu streichen – denn bekennender Unterricht dieser Art ist Privatsache und gehört schlicht nicht in die Schule. Der viel beschworene Werteverfall bei Kindern und Jugendlichen widerspricht dem nicht. Statt des freiwilligen Religionsunterrichts sollte die rot-rote Koalition endlich ein verpflichtendes, weltanschaulich neutrales Wertefach einführen, ob man ihm den Namen Lebensgestaltung-Ethik-Religion (LER) wie in Brandenburg gibt, ist dabei nebensächlich.
In diesem Fach müssten die Kinder auch die unterschiedlichen Religionen kennen lernen – beim gemeinsamen, neutralen Unterricht, versteht sich. Das wäre einer Stadt wie Berlin angemessen, die teils atheistisch, teils multireligiös ist.
Die rot-rote Koalition könnte ein solches Fach sofort auf den Weg bringen – verfassungsrechtliche Probleme gibt es aufgrund einer Sonderregelung nicht. Allein, die Koalition einigt sich nicht. Sie verhandelt noch nicht einmal mehr, sondern hat das Problem schlicht von der Tagesordnung gestrichen. Doch damit nimmt Rot-Rot nicht nur demonstrierende Christen in Kauf, sondern auch, dass sich eine umstrittene Organisation wie die Islamische Föderation an Berlins Schulen immer mehr ausbreitet.
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