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Archiv-Artikel

rainer maria rilke Gedichte an die Nacht

Von ASL

Zu den obskureren, indes durchaus charakteristischen Anekdoten um den Lyriker Rainer Maria Rilke gehört ein Zwischenfall aus München, kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Auf einer revolutionären Arbeiterversammlung, die vehement für die Ausrufung der Räterepublik plädierte, wollte er sich enthusiasmiert zu einem Redebeitrag erheben, wurde aber wegen der Zartheit seiner Erscheinung mitsamt Stimme schlichtweg nicht wahrgenommen.

Immerhin sympathisierte er – wie verschiedene andere Schriftsteller auch – mit der bald von der Reichsregierung unter Friedrich Ebert niedergeschossenen Bewegung, ja er engagierte sich gar im „Rat der geistigen Arbeit“, auch wenn ihm so ganz wohl dabei wegen der in solchen Fällen schwerlich zu vermeidenden Gewalt dann doch nicht war. Er war und blieb eben ein Dichter.

Das Dunkel der Nacht war ihm deshalb näher als die Abgründe der Politik. Michael Rettig (oben) und Mateng Pollkläsener (unten) widmen Rilke nun eine multimediale Performance, in der des Dichters „Gedichte an die Nacht“ im Zentrum stehen. Rettig, in der jüngeren Vergangenheit mit Pollkläsener u.a. in der wunderbaren Inszenierung „Karoshi“ zu sehen, komponierte zu diesem Zweck eine eigenwillige, leise, melancholische Musik für Klavier, zu der Pollkläsener Rilkes Verse rezitiert. Die dritte Komponente dieser „Gedichte an die Nacht“ sind die Videoarbeiten von Helmut Heydemann, der Rilkes poetisches Eintauchen in die Nacht mit Bildern zu jener (Nicht-)Tageszeit unterstreicht, ausführt und kontrapunktiert. Eine Tiefgarage, ein roter Regenschirm, verlassen auf einem Bahnsteig. ASL

Freitag & Samstag, 20 Uhr, Schwankhalle