: "Liebe taz..."Gelöbnisse sind freiwillig -betr.: Öffentliche Gelöbnisse, taz-Bremen vom 2.2.98
Betrifft: Öffentliche Gelöbnisse, taz vom 2.2.98
Bevor Herr Minister Rühe mit weiteren Rekrutengelöbnissen in die Öffentlichkeit geht, möchte ich als Bürger für junge Wehrpflichtige, deren Freundinnen und Eltern in die Öffentlichkeit gehen, und zwar mit Hinweisen auf die Rechtslage, die sie zum Nachdenken bringen sollen.
Ich zitiere aus dem BECK Rechtsberaterbuch 5058 mit dem Titel „Wehrrecht von A - Z“:
„Dem Gelöbnis kommt ausschließlich ethische Bedeutung zu. Da das Ablegen des Gelöbnisses keine Dienstpflicht ist, dient ein entsprechender Befehl (es feierlich zu leisten) nicht dienstlichen Zwecken und ist damit unverbindlich. Der Befehl an einen Wehrpflichtigen, trotz beabsichtigter Gelöbnisverweigerung in die Gelöbnisaufstellung einzutreten und an dem Zeremoniell teilzunehmen, verstößt gegen die Menschenwürde.“So die Rechtslage.
Warum sollen also die Wehrpflichtigen ethisch besonders verpflichtet werden? Ein Berufssoldat der Bundeswehr muß wie ein Beamter den Eid leisten. Damit verpflichtet er sich zu besonderer Treue unserem Staat gegenüber. Das muß der Wehrpflichtige nicht. Aber Militärfreunde möchten doch wenigstens ein vergleichbares Treueverhältnis schaffen, damit der Soldat sich auch moralisch verpflichtet fühlen soll, das zu tun, was ihm als „Untergebener“anbefohlen wird. Über diese Wirkung gab es genügend Aussagen von ehemaligen Wehrmachtsangehörigen, die im Laufe des 2. Weltkrieges erlebten, welche schrecklichen Dinge sie da tun mußten. Dennoch blieben sie ihrem Eid treu.
Aber vergleichen wir doch bitte eben – die gleichaltrigen Zivildienstleistenden brauchen nicht zu geloben, ihre Arbeit an und mit alten und behinderten Menschen „treu und tapfer“bis zum Toilettengang auszuführen. Da wird es dann komisch – und der Staat verzichtet.
Rudolf Prahm
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