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"Liebe taz..." Provinzposse - betr.: Wehrmachts-Ausstellung

Betr.: Wehrmachtsausstellung

Mit dem Streit um die geplante Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ ist nun Bremen wieder einmal Austragungsort einer Provinzposse ersten Ranges geworden. Eine Posse fürwahr, wäre das Thema an sich – das Verhalten „der Deutschen“ im NS, 2. Weltkrieg und bei der Ausübung von Massenmorden – nicht ein solch brisantes, das ja auch nicht auf Bremen beschränkt ist.

Eine Aufarbeitung von Geschichte kann einerseits darauf ausgelegt sein, sich konstruktiv bis kritisch mit der jetzigen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Andererseits wird von regierender Seite schon stets und überall Geschichte für eine Legitimation bestehender Verhältnisse und Politik genutzt.

Einen solch kollektiven Aufschrei der Entrüstung seitens der CDU, immerhin auch tendenziell die personelle Nachfolgerin von NSDAP und Wehrmacht (Kiesinger, Globke & Co...), hätte es in der BRD vor 10 Jahren wohl kaum gegeben. Wir befinden uns jetzt im Jahre 1 nach dem offiziellen Schlußstrich unter die jüngste deutsche Vergangenheit – Auseinandersetzungsbedarf soll nicht mehr bestehen. Vielmehr erinnern die Versuche kollektiver Verdrängung deutscher Täterschaften an das politisch autistische Klima der 50er Jahre, in denen eine alte Naziparteigröße namens Paul Carell bei Millionen BundesbürgerInnen mit seinem Weltkriegsbestseller offene Ohren fand. ( Mit Aussagen wie dieser: „Die Panzerarmee Afrika war das gute Deutschland“ in „Die Wüstenfüchse“).

Dieser, bei allzuvielen Menschen in der BRD immer noch vorherrschende Geisteszustand der Verdrängung trägt zu einer Verfälschung der Geschichte, zu einem „Nicht wissen wollen“ bei und nicht die (zum Glück) „unpatriotische“ Aufarbeitung der Greuel unter deutschem Namen.

In Zeiten, in denen sich die jetzige deutsche Armee gerade wieder einmal rüstet, internatonal mitmischen zu können und es ihr dabei verstärkt um eine neue Bestimmung ihrer Identität geht, kommt eine so schonungslose Auseinandersetzung mit ihrer Vorgängerin den Regierenden höchst unpassend. So sehen sich denn auch die Wehrkraftförderer von der Bremer CDU gezwungen, all diesen DefätistInnen entgegenzuschleudern:“Vorwärts und schon Vergessen!“

Hanno Balz

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