: "Liebe taz..." NeueinstelIungen
Betr.: taz vom 2.5.
Wenn mehrere tausend Lehrerinnen eine Personalversammlung durchführen, einen Tag streiken – wofür sie Geld bezahlen und auch noch am 1. Mai demonstrieren, dann muß es doch mehr an politischen Konflikten in diesem Teil des Bildungsbereichs geben, als der Gastkommentar von Frau Huthoff und die Berichterstattung der taz über verschiedene kleinere Konflikte im Zusammenhang mit den Streikaktionen hergeben.
Die zentrale Botschaft der gewerkschaftlichen Aktivitäten war die Forderung nach Neueinstellungen. Diese Notwendigkeit wurde nicht nur satirisch und mit einem kräftigen Schuß Selbstironie auf der Personalversammlung dokumentiert, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von Mercedes hat beispielsweise in seiner Grußbotschaft betont, daß er die von der GEW geäußerte Bereitschaft, zugunsten von Neueinstellungen auf Einkommen zu verzichten ,ausdrücklich begrüßt. Und auch der auf der Abschlußkundgebung von Jan Bücking gegebene Hinweis auf die Höhe seines Gehaltes stand im Kontext mit der von ihm geäußerten Bereitschaft, davon ein wenig zugunsten von Neueinstellungen abgeben zu können. Würden die LehrerInnen diesen Weg konsequent weitergehen, darin wären die notwendigen Neueinsteilungen politisch durchsetzbar und damit die Basis geschaffen worden, in der Bildungspolitik insgesamt weiter voranzukommen.
Logischerweise beeinträchtigen die Kampfmaßnahmen der LehrerInnen das Lernangebot für die SchülerInnen – das ist eigentlich auch der Sinn bei Arbeitskämpfen. Es ist aber nicht die Botschaft der beteiligten LehrerInnen gewesen, die SchülerInnen für ihre Interessen in Geiselhaft zu nehmen – im Gegenteil: Die zahlreichen Einzelmaßnahmen in Form von Notdiensten und Betreuungsangeboten haben das Verantwortungsbewußtsein der LehrerInnen dokumentiert. Mit Phantasie und Konsequenz haben sie sich für ihre Belange eingesetzt. Sie haben damit ein Beispiel demokratischer Protestkultur in dieser Stadt geliefert, die leider nur noch sehr selten stattfindet.
Helmut Zachau, MDBB
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