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Archiv-Artikel

pressschlag Die harte Landung von Peterchens Mondfahrer

In der letzten Saison war der VfL Bochum noch der Überflieger. Nun ist er hart gelandet – im Abstiegskampf

Nun, da schon über die Hälfte der Hinrunde gespielt ist und mithin langsam, aber sicher schon wieder die Winterpause dräut, lohnt allemal der Blick zurück. Mild war’s damals draußen, noch wärmer drinnen in der Stube – und wenn man den Blick auf die Tabelle richtete, wurde es nicht nur Peter Neururer richtig heiß ums vor Freude hüpfende Herz. Fünfter war sein VfL Bochum in jenen Tagen, was einem rechten Wintermärchen gleichkam, weshalb Neururer brav gelobte, jeden Tag die Tabelle anschauen zu wollen, immer und immer wieder, die ganzen Winterferien über, so wunderbar, wie sie doch anmutete. Und selbst als der Schnee geschmolzen war, fand das große Märchen vom kleinen VfL kein Ende, und Peter tanzte, selig lächelnd, durch Frühling und Sommer wie dereinst Michael Jackson – und mitten hinein in den Uefa-Cup. Das Märchen hieß schließlich Peterchens Mondfahrt.

Diesen Samstag in Wolfsburg hat Peterchen nicht getanzt. Es ist ihm längst vergangen. Wieder hat der VfL verloren, zum vierten Mal in Serie nun schon, was unterm Strich das neunte Pflichtspiel ohne Sieg ergab und mithin Bundesligatabellenplatz 17. Damit stehen die Bochumer zum ersten Mal auf einem Abstiegsplatz, seit Neururer sie vor nicht ganz drei Jahren übernommen und von Liga zwei direkt hinaufgeführt hat zum Mond. Auch VfL-Manager Dieter Meinhold hat das natürlich erkannt. Gesagt hat er am Samstag: „Spätestens jetzt befinden wir uns im Abstiegskampf.“

Hoffentlich sagt Meinhold, der ein eher besonnener Vertreter seiner Spezies ist, demnächst nicht noch ganz anderes, man weiß ja, wie Fußball-Manager in solchen Situationen bisweilen (über)reagieren. Andererseits weiß nicht nur Meinhold mittlerweile auch, dass es an Peterchen allein kaum liegen kann, dass der VfL so hart gelandet ist auf der Erde. Vielmehr sind es die Gesetze der Branche (und somit jene der Erdanziehungskraft), die den VfL dazu gezwungen haben. Die Gesetze gehen in etwa und leicht vereinfacht so: Kleiner, bislang eher erfolgloser Verein spielt sich in einen Rausch, landet auf dem Mond, verliert dabei aber seine wichtigsten Astronauten, die in Bochum Fahrenhorst, Freier, Hashemian und Oliseh hießen, an größere und reichere Raumfahrtunternehmen. Derweil aber haben sich die Passagiere (ergo: Fans) längst an die Schwerelosigkeit gewöhnt – und können es nun gar nicht mehr ab, mit den Ihren und mit Blei an den Füßen durch die Liga stapfen zu müssen, schließlich wollte man doch das Weltall erobern. Und plötzlich, oft dauert es gar nicht lange, fordern die Fans den Kopf (samt Raumfahrthelm) von jenem, der sie auf diese wunderbare Reise mitgenommen hat.

Nicht, dass all das nicht längst bekannt wäre, ganz im Gegenteil. Manchmal ist es nur gut, sich daran zu erinnern. FRANK KETTERER