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Archiv-Artikel

press-schlag Dosenpfand fördert „Flaschen“ auf dem Fußballfeld

Bärendienst für Rumpelfüßler

Das gerade eingeführte Dosenpfand – eine Katastrophe. Neujahr 2003 wird deshalb als schwärzeste Stunde in die Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eingehen. Ausgerechnet drei Jahre vor der WM im eigenen Land torpediert Jürgen Trittin ohne Absprache mit dem für den Sport zuständigen Innenminister Otto Schily alle redlichen Bemühungen, den Straßenfußball zu fördern. War die Mehrwegquote nicht schon erfreulicherweise auf nur noch 64 Prozent gefallen? 36 Prozent wurden so nicht dem Nachwuchs geraubt, sondern zum Kicken benutzt. Besonders Dosen.

Wer erinnert sich nicht, wie wir früher unser technisches Rüstzeug erlernten – nach jeder auf der Straße herumliegenden Dose traten wir. Passten uns diese geschickt zu. Wer die Dose fünfmal oben halten konnte, jonglierte doch jeden richtigen Ball tagelang, ja sogar im Schlaf, ohne dass er jemals den Boden berührte. Auch die Beidfüßigkeit förderte das tückische Weißblech optimal, sprang die Dose doch oft unkontrolliert auf die andere Seite, so dass der Einsatz des anderen, des eigentlich unbrauchbaren Standbeines zur Pflicht wurde. Und erst die Kopfballkunst! Wer furchtlos sein Köpfchen bei der Dose einsetzte, rammte später seinen Dickschädel in jedes Leder, egal wie fest es in den Strafraum gedonnert worden war. Sicher, das Training mit der Dose besaß auch Nachteile. Doch die Entstellungen der Gesichter mancher Kopfball-Ungeheuer wie Horst H., der nach dem harten Dosentraining die butterweichen Bananenflanken von Manni K. als Wohltat empfand, oder Dieter H. waren schließlich zum Wohle des deutschen Fußballs!

Andere Länder, andere Dosenpfande: Durch den Bärendienst des unsportlichen Trittin wird der unaufhaltsame Aufstieg der Afrikaner gefördert. „Die Götter müssen verrückt sein“ darf man durchaus auf den Minister beziehen, ist aber der Titel eines Films aus seligen Zeiten. Damals verehrten sie auf dem schwarzen Kontinent noch Cola-Flaschen als Götter. Entsprechend lächerlich machten sich Mannschaften wie Zaire beim 0:9 gegen die Jugos bei der letzten WM in Deutschland 1974. Seit die Dose auch dort ohne Pfand ihren Siegeszug begann und die Mehrwegflaschen aus ihrem Pantheon vertrieben, bereiten uns Algerien & Co. Probleme. Nicht auszudenken, welche Schmach uns die Dosenzauberer aus dem Süden 2006 zufügen werden.

Dass die Flasche der natürliche Feind der Dose und des begnadeten Fußballers ist, weiß doch hierzulande wirklich jedes Kind – außer offenbar die Grünen. Nicht umsonst lautet das beliebteste Schimpfwort beim deutschen Nationalsport: „Ihr Flaschen!“ Elf Flaschen sollt ihr nicht etwa sein, die können nicht mal einen Ball stoppen, sondern elf Freunde. Selbst importierte Trainer aus Italien übernahmen diesen Jargon und schimpften „Spieler wie Flasche leer“. Wie lächerlich hätte es doch geklungen, hätte er über „Spieler wie Dose leer“ gewettert! Das wäre, wie man so sagt, „strunzdumm“ gewesen – ganz zu schweigen davon, dass ein Maestro wie Giovanni T. um die historische Bedeutung der Dose für den Fußball weiß. Der Experte spricht nur respektvoll vom Weißblech, beispielsweise bei Kantersiegen („Gegner eindosen“).

Ein nationaler Rettungsplan für die WM 2006 muss her, um den Fußballnachwuchs bei der Dose zu halten. 1. Flaschen müssen gesetzlich verboten werden. Vor allem die auf dem Rasen. 2. Schulmilchtüten sind durch Schulmilchdosen zu ersetzen. Selbst kleinere „Bärenmarke“-Dosen besitzen fußballerischen Wert, besonders für Grundschüler. 3. Sämtliche Mülleimer sind bundesweit abzuhängen, damit stets genügend Spielmaterial für den Nachwuchs auf den Straßen herumliegt. Schließlich entstand der deutsche Rumpelfußball erst dadurch, dass Dosen ein Emblem aufgedruckt wurde, das zur Entsorgung in Mülleimern auffordert. 4. Alte Dosen sollen natürlich ökologisch sinnvoll wiederverwertet werden. Daher sind alle genügend getretenen Dosen zu Alupfosten zu verarbeiten. So werden zusätzliche Tore entstehen, die die Spiellust weiter fördern. Sind die Alutore zerdeppert, werden sie wieder zu Dosen verarbeitet. Ein perfekter Kreislauf.

Diese Notverordnung wird die Überlegenheit des deutschen Fußballs, die Franz Beckenbauer 1990 schon versprochen hatte (zugegebenermaßen nicht ahnend, dass ein Dosenpfand eingeführt würde!) auf Jahrzehnte hinaus sichern. Während des Triumphmarschs zum WM-Titel 2006 durch die nun technisch wieder hervorragend ausgebildeten Straßenfußballer wird der Bierkonsum der Fans exorbitant ansteigen. Zahllose Spielgeräte für nachfolgende Generationen sind dadurch gesichert! Deutschland dost endlich wieder alle ein!

HARTMUT METZ