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Archiv-Artikel

press-schlag New balls please!

Vor dem Elber-Besuch im Olympiastadion beklagt Bayern-Torhüter Oliver Kahn das Fehlen wichtiger Attribute im Team

Von MATTI

Das Schöne an Oliver Kahn ist, dass er überhaupt nicht nachdenkt, bevor er irgendetwas sagt. Wie sonst könnte es geschehen, dass ein Fußball-Torwart, bei dem in den Schlagzeilen der letzten Monate ganz gewiss nicht die Hände im Mittelpunkt standen und auch nur bedingt die Augen, den Satz äußert: „Wir brauchen Eier!“ Und dies auf Nachfrage etwa achtmal wiederholt, um unmissverständlich klarzustellen, dass er nicht die ovalen Dinger vom Frühstücksbüfett meint.

„Cojones“, wie der Spanier schon bei Hemingway sagt, haben in neuerer Zeit mühelos Eingang in die englische („New balls please“) und schließlich auch in die deutsche Sportsprache gefunden. Dass sie nun bei den Bayern zu landesweiter Berühmtheit gelangen, ist kein Zufall. Denn den Münchnern geht ihr eigenes Gekicke, mal bildlich gesprochen, langsam mächtig auf den Sack – den ihnen auch Kahn vermutlich gerade noch zugesteht. All die Nebenschauplätze – wie Moralpredigten oder das Abzocken von Fifa-Blatter – sind spätestens seit dem 0:2 bei Schalke in den Hintergrund geraten. Das Wesentliche bricht sich wieder Bahn: die eigene Misere.

Nun sind sechs Punkte Rückstand auf Tabellenführer VfB Stuttgart kein Grund zur Besorgnis, so was holen die Bayern ja bekanntermaßen auch noch an den letzten beiden Spieltagen auf, wenn es sein muss. Und auch das wenig ansehnliche Gekicke ist nicht weiter schlimm, sondern eher gut, wenn man dem Oliver Kahn des letzten Jahres glaubt, der ja ballettöse Schönspielerei als Ursache für Misserfolg identifizierte. Neu jedoch ist das brave Sichfügen, das Fehlen der pitbullhaften Bayern-Bissigkeit vergangener Jahre. Dabei können die Münchner nicht mal nennenswerte Verletzungen als Ausrede anführen, wie etwa „die ohne zwölf Spieler angetretenen Westfalen“, als die am Sonntag sehr hübsch der sid die Dortmunder Borussen klassifizierte. Die rissen das Spiel gegen den HSV herum, obwohl als Reservist sogar ein Angestellter des vereinseigenen Reisebüros bereit saß – was so ist, als würde bei den Bayern der Prokurist von Uli Hoeneß’ Wurstfabrik im Tor stehen.

Dass es noch nicht stärker kracht im Münchner Gebälk, liegt nur daran, dass ihr wahres Interesse diese Saison der Champions League gilt. Da kommt morgen Lyon mit Elber. Sollte das in die Hose gehen, dann gibt’s garantiert was auf die, nun ja – Mütze. MATTI