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press-schlagKuscheln bringtda gar nichts

Zeit wird’s: Spitzensportler wollen ein dickes Stück abhaben vom großen olympischen Kuchen

Es geschah in Baden-Baden. Im Schwarzwald modellierte man das neue Gesicht Olympias. Die Olympischen Spiele wurden geöffnet für Profis. Der Amateurparagraf fiel, im Jahr 1981. Der olympische Sport wurde von links auf rechts gedreht. IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch krempelte ihn mit Adidas-Chef Horst Dassler um. Alles wurde anders, vor allem kommerzieller, nur eines änderte sich nicht: Die Sportler spielten in den Planspielen der Funktionäre und Sportmanager eher keine Rolle. Man vergaß, die Athleten an den Einnahmen, die immer ergiebiger sprudeln sollten, zu beteiligen.

Allein zwischen 2013 und 2016 sackte das Internationale Olympische Komitee 4,8 Milliarden Euro an Vermarktungs- und Fernsehrechten ein. Es rühmt sich, etwa 90 Prozent davon an nationale Sportorganisationen zurückzugeben. Aber der einzelne Sportler, der die schönen Bilder auf der Tartanbahn oder im olympischen Pool liefert, der schaut in die Röhre. Die übliche Entschädigung: ein Lorbeerkranz und, wenn der Athlet Glück hat, eine Medaille. Gegen diese Unwucht im System machen nun nicht nur deutsche Athleten mobil. Sie reklamieren ihren Anteil. Die Forderung: 25 Prozent sollten künftig ihnen gehören. Das ist nur fair, weil sie ihre Rolle als olympische Rollenmodelle und kamerataugliche Muskelprotze ja vorbildlich erfüllen. Verwunderlich ist nur, warum die Sportler über 35 Jahre gebraucht haben, um so selbstbewusst aufzutreten.

Der Vorstoß kommt spät, aber nicht zu spät. In einer Zeit identitärer Selbstbesinnung und Selbstermächtigung hauen eben auch die Athleten auf die Pauke und fordern ihr Recht auf finanzielle Teilhabe ein. Den Sound sollte das IOC, will es an den Anschluss an die Postmoderne nicht verlieren, zur Kenntnis nehmen. „Die Athleten können und sollen partizipieren“, heißt es in einem offenen Brief der deutschen Athletenkommission ans IOC. Sportler würden sich „mit hohen wirtschaftlichen, persönlichen und sozialen Risiken“ auf Olympische Spiele vorbereiten, ohne entsprechend entschädigt zu werden. Auch würden sie, anders als bei einer Europameisterschaft oder Weltmeisterschaft, keinerlei Prämien erhalten.

Diskus-Olympiasieger Robert Harting begrüßt den Vorstoß schon mal. „Das ist der richtige Weg. Kuscheln bringt da gar nichts, sonst wird man nicht wahrgenommen.“ Die Sportler haben es endlich begriffen.Markus Völker

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