portrait : Prominente „Water Warriors“
Bekannt waren sie schon, bevor sie gestern in Stockholm den als „Alternativen Nobelpreis“ bekannten Right Livelihood Award 2005 zugesprochen bekamen: die kanadischen Bürgerrechtler Maude Barlow und Tony Clarke. Ihr Buch „Blaues Gold“, eine detaillierte Fundamentalkritik der Wasserprivatisierung, ist in 40 Ländern erschienen und gehört auf der ganzen Welt zum globalisierungskritischen Basiskanon.
Starallüren sind ihnen fremd, ebenso das abwägende Sowohl-als-auch vieler Politiker. Ob auf Workshops mit Gleichgesinnten oder auf kontroversen Podiumsdiskussionen: Die 58-jährige Barlow und der zwei Jahre ältere Clarke beherrschen die Kunst der faktenreichen Agitation auf höchstem Niveau. Auf dem diesjährigen Weltsozialforum schilderte der drahtige Aktivist mit der Aura eines Professors, wie sich transnationale Konzerne in Indien oder Kanada die Grundwasserressourcen aneignen wollen, um sie als Soft Drinks auf den Markt zu werfen. Im Nebenraum erläuterte die Vorsitzende des Netzwerks Council of Canadians leise, aber bestimmt, wie sich die Wasserlobby organisiert und mit Hilfe regionaler Freihandelsabkommen, der Weltbank oder der UNO die Wassermärkte in Nord und Süd mit Gewalt aufstoßen möchte. Umweltschutz und Wassergerechtigkeit gehörten zusammen, sagte Maude Barlow in einem taz-Interview. Doch weil sich damit kein Geld verdienen lasse, müsse die öffentliche Hand die Kontrolle über die Trinkwasserversorgung behalten – oder zurückerlangen.
Barlow und Clarke, die seit den Achtzigerjahren zusammenarbeiten, sind nicht auf das Wasserthema fixiert. Die Frauenrechtlerin Barlow beriet den liberalen Premier Pierre Trudeau, bevor sie als Basisaktivistin und Buchautorin Karriere machte.
Clarke betätigte sich lange Jahre als Sozialreferent der kanadischen Bischofskonferenz. Als Gründer des Polaris Institute hat er sich vorgenommen, „die Macht der Großfirmen zu entlarven, die hinter den Regierungen steckt“.
Zusammen mit GewerkschafterInnen setzen sie sich gegen die neoliberale Freihandelsagenda ein. An den erfolgreichen Protesten gegen das multilaterale Investitionsabkommen oder die Treffen der Welthandelsorganisation in Seattle 1999 und Cancún 2003 beteiligten sie sich ebenso wie an Kampagnen gegen Wasser-Multis in Bolivien oder Uruguay, Ghana oder Indien.
Die Auszeichnung „ist ein Preis für die Weltbürgerbewegung schlechthin“, sagt Maude Barlow. „Er gehört den sozialen Bewegungen, die unsere erweiterte Familie darstellen, in Kanada und auf der ganzen Welt“.
GERHARD DILGER
ausland SEITE 9