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Archiv-Artikel

portrait Richter mit Distanz zu den Mächtigen

Einfach ist sein Amt sicherlich nicht. Rizgar Mohammed Amin sitzt als erster Richter im Nahen Osten über einen ehemaligen Herrscher zu Gericht: den irakischen Exdiktator Saddam Hussein. Kollegen neideten dem 48-jährigen Kurden aus Suleimaniya seinen Posten, Schiiten und Kurden warfen ihm eine zu nachgiebige Prozessführung vor, und die Medien schimpften, er habe die Kontrolle über den Prozess verloren. Am Samstag reichte Amin seinen Rücktritt ein. In Gesprächen deutete er aber an, dass er möglicherweise doch bereit sei, im Amt zu bleiben.

Amin wurde 1957 geboren und machte mit 23 Jahren den Juraabschluss an der Universität Bagdad. Da er sich weigerte, der damals herrschenden Baath-Partei beizutreten und ihm auch später das entsprechende Parteibuch fehlte, um in Kurdistan Karriere zu machen, hatte er eine Reihe untergeordneter Posten inne, bis er schließlich zum Richter am so genannten Strafgericht Kirkuk in Suleimaniya ernannt wurde. Dieses Gericht bearbeitete Fälle aus den Gegenden um die nordirakische Stadt, die seit 1991 zum kurdischen Autonomiegebiet gehörten.

Zwar beförderte ihn die kurdische Regionalregierung nach dem Sturz des Diktators zum Leiter des Gerichts. Ein einflussreicher Posten war das aber nicht, eher eine Anerkennung für die langen Dienstjahre. Denn Amin, der als bescheiden und unbestechlich gilt, hatte sich nach Auskunft von Freunden und Bekannten weder dem Regime von Saddam Hussein noch später den neuen Mächtigen angedient. „Schon als Schüler war Rizgar immer freundlich, aber auch unglaublich stur“, sagt sein ehemaliger Klassenkamerad Salah Raschid. „Was er sich in den Kopf gesetzt hat, zog er durch.“

In seiner Heimatstadt war Amin bis zu seiner Ernennung zum Vorsitzenden des Tribunals nahezu ein Unbekannter. Zusammen mit seiner Frau Nazanin Ahmed, einer Kindergärtnerin, und ihren vier Kindern führte er ein beinahe beschauliches Leben. Als das Sondertribunal 2004 einen einen Juristen mit einer sauberen Weste suchte, fiel die Wahl schnell auf Amin.

„Ich habe meinen Mann beinahe angefleht, das Angebot nicht anzunehmen“, sagt seine Frau dazu. Doch für Amin handelte es sich um eine Entscheidung der kurdischen Regionalregierung. „Fern von der Familie zu sein, ist immer schwer“, sagte er im November gegenüber der taz. Er sah seine Aufgabe darin, als Vorsitzender Richter zum Aufbau der Demokratie im Irak und zur Sicherung der Menschenrechte beizutragen. Vielleicht verschafft ihm seine Rücktrittsdrohung die politische Rückendeckung für eine Fortsetzung seiner Arbeit, die ihm bislang fehlte. IRO/B. S.