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Archiv-Artikel

portrait Der ausgeforschte Kulturforscher

Du denkst, also bist du ein Spion“, lautete der Titel eines Berichts über die Festnahme des iranischen Schriftstellers und Philosophen Ramin Dschahanbeglu in der Online-Zeitung Rooz. Am Samstag erklärte Geheimdienstchef Gholam-Hussein Mohseni-Edjehi der Nachrichtenagentur Fars zufolge: „Dschahanbeglu ist wegen Kontakten zu ausländischen Elementen von der Justiz verhaftet worden und wird derzeit vom Geheimdienst verhört.“

Dschahanbeglu war bereits am 27. April auf dem Flughafen von Teheran verhaftet worden. Er wollte zu einem Auftritt nach Wien fliegen und danach am 3. Mai an der Budapester Zentraleuropäischen Universität einen Vortrag halten. Seine Festnahme, über die Dschahanbeglus Ehefrau die ungarische Botschaft in Teheran sofort informierte, wurde erst am 3. Mai offiziell bestätigt. Vizegeheimdienstchef Mahmud Salarkia gab bekannt, dass der Autor sich im berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnis befindet. Der Internetdienst Farda berichtet, dass Dschahanbeglu bereits auf dutzenden Seiten Geständnisse über seine Auslandsverbindungen abgelegt habe. Ihm werde auch die Zusammenarbeit mit iranischen Monarchisten und anderen Oppositionsgruppen vorgeworfen.

Der 45-Jährige gehört zu den bekanntesten Intellektuellen Irans. Er studierte in Paris an der Sorbonne und an der Harvard-Universität in den USA. Er hielt sich lange in Kanada auf und sowohl kanadischer als auch iranischer Staatsbürger. Dschahanbeglu schrieb unter anderem Bücher über den indischen Unabhängigkeitskämpfer Mahatma Gandhi und den liberalen britischen Philosophen Isaiah Berlin. Das Thema, das ihn am meisten zu interessieren scheint, ist „Modernität und Tradition“. In den vergangenen Monaten hielt er sich in Indien auf und sprach dort auch mit dem Dalai Lama. Sein Buch „Über Indien“ soll im August in Oxford erscheinen.

In Teheran leitet Dschahanbeglu das „Büro für Kulturforschungen“ und hält Vorlesungen im „Haus der Kulturschaffenden“. Zu seinen Veröffentlichungen in Persisch gehören: „Die Modernen“ und „Modernität, Demokratie und Intellektuelle“.

Dschahanbeglus Verhaftung hat bereits international Proteste hervorgerufen. Im Iran äußerte sich Mohsen Kadivar, Vorsitzender des Vereins zur Verteidigung der Pressefreiheit, sehr besorgt über die Verhaftung. In einem Interview mit dem persischsprachigen Programm der BBC sagte Kadivar: „Obwohl wir seit 100 Jahren für Freiheit und freie Meinungsäußerung kämpfen, wird ein bekannter Schriftsteller ohne Haftbefehl und Angaben von Gründen festgenommen. Das ist nichts anderes als pure Willkür.“ BAHMAN NIRUMAND