portrait : Mexikos verspäteter Wahlsieger
Für die Linken ist er ein „Ultrarechter“, den Liberalen ist er zu konservativ, und selbst Mexikos Staatschef Vicente Fox hätte sich einen anderen Nachfolger gewünscht. Dennoch konnte sich Felipe Calderón durchsetzen: erst gegen Parteifreund Fox, der lieber seinen Exinnenminister als Präsidentenkandidaten der Partei der Nationalen Aktion (PAN) gesehen hätte, und jetzt gegen seinen linken Konkurrenten Andrés Manuel López Obrador. „Ich bin praktisch in der PAN geboren“, kann das neue mexikanische Staatsoberhaupt behaupten. Denn während Felipe im Bauch heranwuchs, verteilten Vater und Mutter Flugblätter für die Partei. Später trennten sich die Wege: Papa verließ die PAN wegen ihrer unternehmerfreundlichen Linie, der Sohn machte Parteikarriere.
Hauptstadtabgeordneter, Parteipräsident, Energieminister – im Gegensatz zum ehemaligen Coca-Cola-Manager Fox hat sich Calderón in der PAN hochgedient. Das farblose und steife Auftreten des 44-jährigen Juristen entspricht seinen politischen Versprechen. Im Gegensatz zu López Obrador will er das Land nicht umkrempeln. „Die moderaten Projekte haben ihre Vor- und Nachteile“, erklärt der Harvard-Studierte schwammig und meint damit, dass er keinen Millimeter vom konservativen und wirtschaftsliberalen Kurs seines Vorgängers abweichen wird. Das Haushaltsdefizit will er begrenzen, die Inflationsrate niedrighalten und gute Beziehungen zur US-Regierung pflegen. Vor allem setzt er auf einheimische und internationale Geldgeber.
„Der Schlüssel für Wirtschaftswachstum und das Schaffen von Arbeitsplätzen ist die Investition“, so Calderon. Doch mit diesem Konzept hatte bereits Fox nur begrenzten Erfolg. Die Handelsbilanzen verbesserten sich, doch vom Freihandelsvertrag mit den USA und Kanada, den die PAN hochhält als Heilsbringer für die Wirtschaft, profitieren nur wenige exportorientierte Firmen. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weit. Ohnehin ist zweifelhaft, ob Calderón die staatliche Elektrizitätsindustrie und die Erdölförderung privatisieren kann. Wie sein Vorgänger steht er in dieser Frage im Parlament einer Oppositionsmehrheit gegenüber.
Nicht wenige in der traditionell katholischen Gesellschaft sind jedoch für Calderóns familienpolitischen Vorstellungen zu haben. Abtreibung, Pille danach und homosexuelle Ehen sind ihm ein Graus. „Ich bin für das Leben“, erklärt der Ehemann und Vater dreier Kinder: „Die Ehe ist für mich per Definition die Vereinigung eines Mannes und einer Frau, um eine Familie zu gründen.“ Auch deshalb hat er so manche Stimme für sich verbuchen können.
WOLF-DIETER VOGEL
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