portrait : Götterspeise mit Nebenwirkungen
Ambrosia hat als Speise und Trank den griechischen Göttern Unsterblichkeit verliehen. Doch nicht alles, was den Göttern ziemt, ist auch für die Menschen ein Genuss. Es kann sogar gefährlich sein. Die sonst neutralen Schweizer Behörden verhängten eine Ambrosia-Meldepflicht. Die Berliner Behörden riefen die Bevölkerung auf, bei der Bekämpfung der Pflanze mitzuhelfen.
Denn Ambrosia artemisiifolia, das beifußblättige Traubenkraut, ist dabei, sich in unseren Breiten anzusiedeln. Eigentlich gehört es nach Nordamerika. Dort ist es als ‚ragweed‘ bekannt und der Schrecken jedes Allergikers. Die Symptome sind etwa Hautausschläge und Heuschnupfen. Aber auch Angstzustände und Atemnot werden auf den Pollen zurückgeführt. In Australien heißt das Kraut auch „Asthmapflanze“.
In Mitteleuropa hat die Pflanze bislang keine solchen Probleme gemacht. Dabei erreichte das Traubenkraut bereits Mitte des 19. Jahrhunderts die Alte Welt per Schiff. Doch lange Zeit war es vor allem auf den warmen Süden und Südosten des Kontinents begrenzt. Denn zum Blühen braucht das Kraut hohe Temperaturen. Nun wird es auch weiter nördlich wärmer, was die vermeintliche Götterspeise auch hierzulande wachsen lässt. Mit entsprechenden Folgen und Pollenwarnungen im Rundfunk.
Zwar gibt es Experten, die noch keine Gefahr sehen, weil die entsprechenden Daten fehlen. Erst Ende des Jahres werden die europaweiten Messungen zur Allergieanfälligkeit von Patienten vorliegen. Deutsche Behörden sind aber bereits wegen Schätzungen aus Italien und Frankreich vorsichtig. In diesen vom Kraut stärker besiedelten Regionen rechnen Mediziner damit, dass bis zu zwölf Prozent der Bevölkerung an einer Ambrosia-Allergie leiden.
Noch ist die Ausbreitung in Deutschland gering, die Bekämpfung hätte also scheinbar gute Erfolgsaussichten. Doch nicht nur das Pflanzenschutzamt Berlin bestätigt dem Kraut eine „enorme Fähigkeit, sich zu regenerieren“. Und fordert in einer Veröffentlichung: „Unter allen Umständen muss das Blühen und die Samenbildung unterdrückt werden.“ Es helfe nur, das Unglück mit der Wurzel auszureißen, möglichst noch vor der Blütezeit, die von August bis Oktober geht.
Experten raten zu Handschuhen zum Schutz vor Kontaktallergien und Staubmaske gegen die Pollen. Für Allergiker eigne sich diese Arbeit auf gar keinen Fall. Die derart ausgerupfte Ambrosia sollte man verbrennen und den Boden mit einer Mulchschicht bedecken, um ein Wiederauskeimen zu verhindern. Und diese Schicht sollte dann liegen bleiben. Die Samen sind bis zu vierzig Jahren keimfähig.
SUSANNE SCHWARZ